Tichys Einblick
noch immer kein Ausreisezentrum am BER

Berlin plant 20.000 Einbürgerungen pro Jahr

In Brandenburg hatten Landräte die zentrale Unterbringung von Migranten ohne Bleibe-Aussicht gefordert. Die wird es nicht geben, auch vom Abschiebezentrum am Flughafen BER ist noch keine Spur. Dafür will Berlin für dreimal mehr Einbürgerungen sorgen, mit einem Zentrum gleich am Hauptbahnhof.

IMAGO / imagebroker

In Berlin und Brandenburg geht es wild durcheinander mit den Ein- und Ausreisen, mit Ankommen, Bleibendürfen und eigentlich Wiedergehenmüssen. Das Wunschprojekt der brandenburgischen Landräte – eine zentrale Unterbringung für illegale Zuwanderer, die keine Chance auf Asyl haben –, hat die rot-schwarz-grüne Kenia-Koalition im (wenn es nach den Wahlkreisen geht) Olaf-Scholz- und Annalena-Baerbock-Land schnell wieder beiseitegewischt. Auch die Umbenennung in „Landesobhuteinrichtungen“ nützte dem Innenminister Michael Stübgen (CDU) nichts. Aber wenn schon ein CDU-Minister gegenüber roten und grünen Koalitionspartnern von „schlechter Bleibeperspektive“ spricht, dann darf man davon ausgehen, dass wirklich keine Chance auf mehr als eine Duldung besteht. Und das entspricht, wie bekannt, der Ablehnung des Asylgesuchs.

Doch die Grünen und Roten in Brandenburg wünschen sich offenbar trotzdem eine Integration dieser unerbetenen, meist auch ungebrauchten Neuankömmlinge – erst in Landeserstaufnahmeeinrichtungen (LEA), dann auch in die Gesellschaft. 3.000 Plätze mehr sollen deshalb in den LEAs des Landes entstehen. Das entspricht fast einer Verdoppelung auf dann 8.000 Plätze.

Integration strebt aber auch der CDU-Innenminister nun wieder an: Zunächst sollen Personen „ohne konkrete Aussicht auf einen Aufenthaltstitel“ für maximal 24 Monate in einer LEA bleiben, aber in dieser Zeit will Stübgen schon die Bildungs- und Qualifizierungsangebote hochfahren und so die Chance für einen „Spurwechsel“ oder „Chancenaufenthalt“ gemäß Ampel-Gesetz erhöhen.

Der programmierte Dauerkraftakt
Kommunalvertreter fordern „verlässliche Perspektiven“ für dauerhaft wachsende illegale Zuwanderung
Die bauliche Umsetzung der 3.000 neuen Plätze birgt übrigens noch Probleme. Wenn die Plätze stehen, sieht es dann also so aus, dass Menschen, die sich durch Tricks, Täuschung und eine Menge Schleppergebühren ins deutsche Asylsystem eingeschlichen haben, zwei Jahre in einer Art geschlossener Anstalt auf den Gebrauch der deutschen Sprache und den Arbeitsmarkt vorbereitet werden, bis sie dann eben doch wieder – per „Spurwechsel“ – in der deutschen Gesellschaft landen, was die Landräte eigentlich mit ihrer Forderung nach zentraler Unterbringung vermeiden wollten. Der Vorgang ist aber, wie man sieht, nur aufgeschoben, nicht aufgehoben.
Eigentliches Versäumnis: Wo bleibt das Abschiebezentrum am BER?

Konkret sollen Wohncontainer für 1.500 chancenlose Asylbewerber in Eisenhüttenstadt, Frankfurt an der Oder und Wünsdorf entstehen. Für die anderen 1.500 Plätze gibt es noch keinen Plan oder Standort. Kritisiert wird Stübgen nun auch, weil er im kommenden Sommer die vierte LEA in Doberlug-Kirchhain mit einst 1.090 Plätzen endgültig schließen will.

Das eigentliche Versäumnis der Landesregierung in Potsdam gegenüber Kommunen und Bürgern besteht allerdings darin, kein Abschiebezentrum zu besitzen oder neu zu errichten. Nur so können die Landkreise und Kommunen wirklich dauerhaft entlastet werden. Die „integrationspolitischen Chancen und Vorteile“ des nun gewählten Modells – so ein Pressesprecher des Integrationsministeriums – wären dann gar nicht nötig, weil abgelehnte Asylbewerber gar nicht erst integriert werden müssten, wenn man es schaffen könnte, dass sie deutschen Boden wieder verlassen.

Und von einem solchen Abschiebe- oder wahlweise „Ein- und Ausreisezentrum“ auf dem Gelände des Flughafens Berlin-Brandenburg (BER) hat man in der Tat schon länger nichts gehört. Zuletzt wünschten sich die Grünen einen Sperrvermerk zur Wiederbefassung bei dem Vorhaben, doch den will die CDU nicht zugestehen. Doch liegt das Vorhaben nun insgesamt auf Eis? Ursprünglich geplant waren normale Abschiebehaftplätze für nicht ausreisewillige abgelehnte Asylbewerber. Die wurden zwischenzeitig zum „zeitlich begrenzten Gewahrsam“ (RBB) umgewidmet. Dass dort „300 bis 350 Fälle im Jahr“ zeitlich begrenzt einsitzen sollen, scheint vielen laut RBB „nicht vereinbar mit dem grünen Wertesystem“. Sicher: Zur Kriegspartei Grüne käme dann die Abschiebepartei Grüne hinzu. Weitere Gründe zum Grünwählen entfielen.

Interessant ist aber zudem, welcher Gewinn sich mit dem privaten Betrieb eines solchen multifunktionalen Ein- und Ausreisezentrums machen lässt: von knapp 200 Prozent Rendite in 30 Jahren, schreibt der RBB. Das wären immerhin gut zehn Millionen Euro im Jahr für den möglichen privaten Bauherrn des Projekts. Diese Nachricht fällt nun in eine Zeit, in der auch die EVP-Fraktion in Brüssel und die Thüringer CDU massiv in Korruptionsverdacht geraten sind, seit die belgische und deutsche Polizei Anfang April mehrere EVP-Büros in Brüssel durchsuchte. Es geht anscheinend auch um den thüringischen CDU-Vorsitzenden Mario Voigt, der 2019 den digitalen Wahlkampf von EVP-Spitzenkandidat Manfred Weber (CSU) organisiert hatte. Doch deutsche und internationale Medien kamen kaum über die Meldung der Brüsseler Razzia vor zwei Wochen hinaus.

Die konservative griechische Zeitung Estia berichtet nun, es gehe um Schwarzgeld, das an alle EVP-Parteien im Wahlkampf 2019 ausgezahlt wurde, angeblich unter der Ägide Webers. Und natürlich sei der berichtete Vorfall nur die „Spitze des Eisbergs“. Man hört freilich auch, dass sich durch derlei Verdachtsmomente die Kommissionschefin Ursula von der Leyen (CDU) eines Konkurrenten entledigen will. Aber wir schweifen ab …

Berlin: Neues Einbürgerungszentrum will 200 Beamte in Bezirken abwerben

Derweil hat das von Brandenburg umgebene Land Berlin die Zentralisierung in einem anderen Punkt schon fast geschafft: Das Berliner Landesamt für Einwanderung (auch LEA) soll bis zum 1. Januar 2024 ein „neues zentrales Einbürgerungszentrum“ erhalten, wie der Tagesspiegel berichtet. Das geschieht noch auf Beschluss der alten R2G-Koalition. Ende 2022 haben sich nämlich mehr als 20.000 Anträge auf Einbürgerung in den bisher zuständigen Bezirksämtern gestaut. Die Kapazität lag hier bisher bei rund 8.000 zu bewilligenden Anträgen pro Jahr. In Zukunft will man eine Kapazität von 20.000 Einbürgerungen pro Jahr erreichen.

Dass der Plan abgeblasen wäre, hat man aber auch von der neuen schwarz-roten Koalition nicht gehört. Für die Mitarbeiter (geplant: 200) der neuen Landesstelle soll das neue Zentrum „Arbeiten mit Wohlfühlfaktor in attraktiver Innenstadtlage“ bedeuten. Einige Bezirksräte fanden es unkollegial, dass das Land Berlin versuchte, ihnen ihre Einbürgerungs- und anderen Mitarbeiter, teils sogar in unpassenden Besoldungsstufen, abzuwerben. Bald könnte also das zentrale Einbürgerungszentrum in unmittelbarer Nähe des Hauptbahnhofs über genügend Beamte und andere Mitarbeiter verfügen, deren Kompetenz dann aber nicht mehr den Bezirken zur Verfügung stünde.

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