Tichys Einblick
Streit um 2 BIP-Prozent für Verteidigung

NATO: Ist es ein „Pflock“, den die Verteidigungsministerin hier einrammt?

SPD-„General“ Klingbeil sollte sich an Gerhard Schröder (SPD) und Barack Obama erinnern.

Omer Messinger/Getty Images

Kaum ist sie im Amt, schon weiß die Qualität-Presse Großes von ihr zu berichten: „AKK schlägt erste Pflöcke ein“, so schreiben heute mehrere Zeitungen. Beispiel hier.

Die Rede ist von der neuen Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer. Was ist mit „Pflöcken“ gemeint? Ganz einfach: AKK hat etwas in Erinnerung gerufen, was mittlerweile fast schon ein alter Hut ist. Nämlich die Vereinbarung aller Mitgliedsländer vom NATO-Gipfel 2002 in Prag. Damals hatte man sich darauf verständigt, dass die NATO-Mitgliedsländer sowie zukünftige Mitgliedskandidaten zwei Prozent des jeweiligen Bruttotinlandsprodukts für Verteidigung ausgeben.

Ausgangspunkt war 2002 – ein Jahr nach dem 11. September 2001 – vor allem die Sorge speziell der USA um den Rückgang der Verteidigungshaushalte der europäischen Verbündeten. Eine konkretere erste Festschreibung dieser Zwei-Prozent-Zielvorgabe in einem NATO-Dokument erfolgte dann mit der „Ministerial Guidance“ vom 7. Juni 2006. Auf dem anschließenden NATO-Summit in Riga am 28./29. November 2006 haben die Staats- und Regierungschefs diese Vereinbarung der Verteidigungsminister bestätigt und sich ebenfalls verpflichtet, „to commit a minimum of two per cent of their Gross Domestic Product (GDP) to spending on defence.“

Auf dem NATO-Gipfel vom 4. bis 5. September 2014 in Wales verpflichteten sich diejenigen Mitgliedstaaten der Allianz, die den Richtwert der NATO von Ausgaben von mindestens zwei Prozent ihres Bruttoinlandsprodukts (BIP) für Verteidigung erreichen, darauf hinzuzielen, dies weiter zu tun, sowie diejenigen Bündnispartner, deren Anteil vom BIP für Verteidigungsausgaben gegenwärtig unter diesem Richtwert liegt, die Verteidigungsausgaben nicht weiter zu kürzen, sondern die realen Verteidigungsausgaben im Rahmen des BIP-Wachstums zu erhöhen und sich innerhalb von zehn Jahren auf den Richtwert von zwei Prozent zuzubewegen. Siehe hier 2014 plus 10 = 2024, oder?

Was das mit US-Präsident Donald Trump zu tun hat, wie etwa SPD-General Lars Kingbeil meint? Er wusste nichts Besseres, als auf AKK zu antworten: „Es wird keine Aufrüstung nach dem Wünschen von Trump geben. Das ist mit der SPD nicht zu machen und das haben wir in der Koalition bereits zigfach geklärt.“

Piano, Lars Klingbeil! Die „zwei Prozent“ stammen – siehe oben – nicht von Trump. Und wenigstens am Rande sei erwähnt: Als die NATO im Jahr 2002 lange vor Trump erstmals die „zwei Prozent“ ins Auge fasst, war der deutsche Regierungschef ein SPD-Mann: Gerhard Schröder. Noch 2014 übrigens hatte die SPD bei den Koalitionsverhandlungen dem Zwei-Prozent-Ziel zugestimmt. Aber was juckt die SPD in einer Zeit, in der sie darum kämpfen muss, bei Wahlen wenigstens zweistellig zu bleiben, ihre Vergangenheit? Und noch etwas: Bereits Barack Obama hatte 2016 in der April-Ausgabe von »The Atlantic« die europäischen Partner als „freerider“ bezeichnet, als Trittbrettfahrer also. Aber gegen den Friedensnobelpreisträger Obama macht sich ein SPD-Bashing weniger gut.

Deutschland jedenfalls dümpelt nach wie vor bei 1,3 Prozent des Bruttoinlandsprodukts für Verteidigung und Rüstung dahin. Es bildet damit unter den relevanten Militärnationen des Bündnisses eines der Schlusslichter. Die Folgen sind bekannt: Die Bundeswehr ist nur noch bedingt abwehrbereit und sehr begrenzt einsatzfähig.


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