Tichys Einblick
Abweisung an den Grenzen

Nancy Faeser führt das Drama eines Teenagers auf

Abweisung an den Grenzen ist möglich, sagt Innenministerin Nancy Faeser. Wie das genau ablaufen soll, sagt sie aber nicht. Das sei vertraulich. Mit diesem Theater hat die Politik eine nie gekannte Infantilisierung erreicht.

Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin des Innern und Heimat, spricht zu Maßnahmen in der Migrationspolitik und zum Sicherheitspaket der Bundesregierung im Bundesministerium des Inneren, 09.09.2024

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Teenager kennen das Phänomen: Da ist der 15-Jährige, der noch nie eine Freundin hatte. Dann erzählt er von seinen Großen Ferien. Wie er da ein süßes Mädchen kennengerlent habe. In Frankreich. Schweden. Oder in Italien. Mit der sei er jetzt fest zusammen und sie sei super süß. Fotos habe er leider keine von ihr, da sein Handy im Urlaub kaputt gewesen sei.

Nancy Faeser (SPD) hat am Montag ein Konzept vorgestellt. Es soll den Plan enthalten, wie sich unberechtigte Antragsteller auf Asyl schon an der Grenze zurückweisen ließen. Das wäre ein bemerkenswerter Erfolg der Innenministerin. Denn neun Jahre lang haben Bundesregierungen behauptet, genau das sei rechtlich unmöglich. An all diesen Bundesregierungen war die SPD beteiligt.

Faesers Konzept hat nur einen Nachteil: Sie will es nicht genauer beschreiben. Sie hat einen Weg gefunden, ein neun Jahre altes Problem zu lösen, will damit aber nicht prahlen. Neue Bescheidenheit in Berlin. Faeser sagt, sie wolle die Inhalte erst im Gespräch der Ampel mit der Union vorstellen. Es wäre ein Vertrauensbruch, dies vorher zu tun. Den Erfolg zu verkünden, war indes kein Vertrauensbruch. Laut Faeser. Würde die Innenministerin erklären, der Hund hätte ihre Hausaufgaben gefressen, käme sie glaubwürdiger rüber.

Das Kinderspiel geht weiter. Am letzten Dienstag haben Vertreter der Ampel und der Union gesagt, dass sie diesen Dienstag wieder über die unkontrollierte Einwanderung verhandeln wollen. Doch das gilt nicht mehr. Stand 8.30 Uhr wusste die CDU noch nicht, ob sie angesichts Faesers merkwürdigem Gebaren noch an den Gesprächen teilnimmt. So als ob die Innenministerin einen Boten gesendet habe mit der Frage: „Willst du mit mir gehen?“ Und die CDU hat „Vielleicht“ angekreuzt. Update: Gegen 9.30 Uhr läuft die endgültige Zusage der CDU über den Ticker. Die CDU hat nun doch „Ja“ angekreuzt.

An diesem Wochenende hat sich der Kanzler persönlich über die politische Berichterstattung beschwert. Die Journalisten würden diese zu oft als eine Folge von Gute Zeiten, Schlechte Zeiten inszenieren, statt die Inhalte vorzustellen. Nur: Wer jetzt Faesers Konzept zur Abweisung an den Grenzen erörtern will, muss nach Frankreich, Schweden oder Italien. Denn dort lebt das Konzept. Fotos gibt es keine von ihm.

Es ist schwer zu sagen, was verstörender ist: die Infantilisierung der Politik, wie sie Nancy Faeser im zentralen Thema unkontrollierte Einwanderung vorführt. Oder die Chuzpe, dann noch beleidigt zu sein, weil man dabei nicht gut rüberkommt – angeblich nur, weil die Journalisten einen falsch darstellten. Das wäre alles lustig, wenn nicht gerade diese Innenministerin Medien verbieten ließe unter der Schutzbehauptung, sie würden sich über die demokratischen Vertreter verächtlich machen.

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