Gerade mal eine Sitzung hatte der bayrische Ethikrat Bestand, schon muss das erste Mitglied ihn verlassen. Eine Sprecherin der bayrischen Staatskanzlei gab gegenüber Bild bekannt, dass der Ministerrat einstimmig beschlossen habe, die Bestellung von Christoph Lütge, Wirtschaftsprofessor der TU München, zu widerrufen.
Der Professor, der im Oktober bei der Gründung des bayrischen Ethikrates noch als „hochkarätiger Experte“ vorgestellt wurde, ist nun schon von der Liste der Mitglieder des Rates gestrichen. Lütge war seit Beginn des Corona-Virus immer wieder mit Kritik an dem Vorgehen der Regierung aufgefallen. Im Bezug auf den Corona-Gipfel twitterte er bspw.: „Die heutigen Beschlüsse machen fassungslos. Einfach nur fassungslos. Merken Merkel, Söder und Co. nicht, wie stark längst die Stimmung gekippt ist?“
Die Sprecherin der Staatskanzlei begründete den Rauswurf Lütges mit „wiederholten Äußerungen von Herrn Professor Lütge, die mit der verantwortungsvollen Arbeit des Ethikrates nicht in Einklang zu bringen sind”. Konkrete Beispiele gab sie nicht.
Schon seit Monaten prangerte Lütge die Corona-Politik der Regierung an und warnte immer wieder vor den drohenden wirtschaftlichen Kollateralschäden des Lockdowns. Zuletzt im Dezember sagte er in einem Interview: „Das, was wir derzeit erleben, ist im Grunde der Offenbarungseid der deutschen Corona-Politik. Der Lockdown ist das schlechteste, was uns passieren kann, und jetzt kommt er trotzdem.“ Ebenfalls warnte Lütge vor den psychischen und sozialen Folgen des Lockdowns.
Diese Kritik war Söder nun wohl zu viel. Dabei sind die Aussagen Lütges durchaus nicht fragwürdiger als die Politik, die er kritisiert. Eine Studie des Professors für Medizin und Epidemiologie an der Stanford Universität, John Ioannidis zeigte, dass Stay-at-home-Pflicht und Geschäftsschließungen keinen signifikanten Effekt auf den Anstieg der Infektionszahlen haben. Unumstritten sind hingegen die wirtschaftlichen und sozialen Folgen.
Bedeutet das also im Umkehrschluss dass auch solche Studienergebnisse „fragwürdig“ sind? Nicht fragwürdig, sondern wohl eindeutig eine Phrase war dagegen Söders Versprechen bei der Gründung des Ethikrates sich „möglichst breit aufzustellen“. Kritiker seiner Politik sind darin wohl nicht so gerne gesehen.