Jetzt kommt die neue Runde Mütter-Bashing: Sie zerstören ihre Ehe. Dazu die Schlagzeile der heutigen Bild Am Sonntag zum Muttertag: „Mama zu Haus – Ehe kaputt?“. Wenigstens ist da noch ein Fragezeichen. Aber die Botschaft ist klar und steht im Text: Hausfrauendasein erhöht die Depressionsgefahr und schwups ist die Ehe futsch. Und Torsten Albig, Noch-Ministerpräsident in Schleswig-Holstein, hat die Richtung vorgegeben: Er trennt sich von seiner Frau Gabriele, wie er 43 und Mutter seiner Kinder, für die Jüngere, Hübschere, natürlich nicht von dieser Kinderkriegerei Belastete: „Wir hatten nur noch ganz wenige Momente, in den wir uns auf Augenhöhe ausgetauscht haben …“ Sätze wie Ohrfeigen, so BamS. Ohrfeigen für Frauen, die auf das Eheversprechen der vielen Albigs vertraut haben, an das Zusammenbleiben in guten wie in schlechten Zeiten. Pech gehabt – Jüngere da. Dumm gelaufen, selber schuld. Das ist die Botschaft, die jetzt getrommelt wird. Die Mütter sind schuld.
In der FAS kontert Bettina Hellebrand, Mit-Herausgeberin des Buches „Die verkaufte Mutter“:
„Vielleicht war Herr Albig derjenige, der nicht auf Augenhöhe mit seiner Frau war, vielleicht fehlte ihm, wie so vielen heute, die Empathie – eine Fähigkeit, die Menschen, die mütterliche Fürsorge leisten, durchaus ausbilden können.“
Die Albigs mit den frischen Flotten sorgen dafür, dass Mütter verschwinden –
aus unseren Straßen, Plätzen und Parks: Mütter mit ihren Kindern, spielende Kinder. Ohne, dass es uns bewusst wird, sperren wir sie weg. Mütter und Kinder – früher selbstverständlich – werden zur Randgruppe. Selbst im Supermarkt der Innenstadt werden sie nur noch als Hindernis wahrgenommen, die das Band an der Kasse blockieren und den Angestellten mit ihren Single-Portionen die Mittagspause stehlen: Mütter, die sich selbst um ihre Kinder kümmern, statt sie in den Bewahranstalten abzugeben, werden mittlerweile brutal ausgegrenzt, benachteiligt und an den Rand gedrängt – ihre Leistung systematisch entwertet. Ein beunruhigendes Buch widmet sich der „verkauften Mutter“.
Barbara S., 45, drei Kinder, geschieden, sammelt Flaschen. Nicht in Abfallkörben – in der Wohnung. Viele Kinder, viel PET. Flaschensammlern gilt unser Mitleid, hat sie erfahren. Ihr nicht. Sie ist ja nur Mutter. Wenn sie ihren blauen Müllsack am Flaschenautomaten leert, hofft sie, dass sie nicht angemacht wird, weil sie zufällig in der Hauptverkaufszeit den flotten Singles im Wege steht. Aber der Müllsack reicht für einen Sack Kartoffeln, vier Packungen Spinat, eine Steige Eier – „wir alle können davon satt werden“. An der Kasse werden die Eier zu Bruch gehen – die Kassiererin hat keine Zeit für den umfangreichen Familieneinkauf, die Mittagspäusler mit ihren Einpersonen- Einwegmahlzeiten im zerstörungssicheren Plastikbehälter drängeln.
Geschichten aus dem Alltag der Mütter
Das neue Eherecht, so Hellebrand in ihrem Interview, habe ein übriges getan: Frauen müssen drei Jahre nach der Scheidung wieder berufstätig sein – nach oft jahrzehntelanger Ehe unmöglich. Das Betreungsgeld wurde als „Herdprämie“ verleumdet. Es gilt nur das Modell der berufstätigen Frau – und wenn die Ehe der Hausfrau kracht, ist sie auch daran schuld. Dabei sind es erschütternde Geschichten, die Mütter erzählen, die sich für Familie entschieden haben und von den Männern verlassen wurden. Sie fallen durch den Rost der neuen Sozialpolitik, die nicht mehr die früheren Ehen schützt, sondern das blitzblanke neue Glück im Auge hat. „Das Hauptziel der Politik ist die Abschaffung der Hausfrau“, stellt eine Mutter lakonisch fest. Die kalten Frauen in der Politik wie Ursula von der Leyen und Manuela Schwesig, erzwingen das Leben nach dem Leitbild der unabhängigen Frau, und das gnadenlos. Wer abhängig ist, um Kinder zu erziehen, wird dafür bestraft. Die Neuregelung des Unterhalts nach der Ehe seit 2008 hat die soziale Lage einer ganzen Generation von Hausfrauen-Müttern dramatisch verschlechtert. Sie können nicht mithalten mit den Jüngern – sie haben ihr Leben aufgebaut auf einer Regelung, die brutal gestrichen wurde: Der Versorgung in und nach der Ehe für ihre Erziehungsarbeit. Aber neuerdings ist Fremdbetreuung die Norm, Berufsarbeit die Pflicht. „Ich verdiene nun Geld, aber es ist zu wenig, und es ist immer vergeblich“, so Barbara. Denn es wird sofort wieder auf den Unterhalt angerechnet.
Wahlfreiheit gibt es nicht mehr
So sitzt eine Generation von Frauen in der Falle, getrieben von einer Gesetzgebung, die die Wahlfreiheit pro forma propagiert und faktisch hintertreibt. Mütter mit ihren Kindern gibt es nur noch in den Bereichen, in denen die wirtschaftsoptimierende Dynamik sich noch nicht entfalten konnte – in den noch nicht kolonialisierten Ausländervierteln. Nur dort wird die Mutter noch toleriert. Ansonsten funktioniert das Zusammenspiel von Wirtschaftsverbänden, die Frauen als möglichst billige Arbeitskräfte suchen, von Gewerkschaften, die Mitglieder unter Kita-Erzieherinnen finden, aber nicht unter Müttern, und den Großparteien, die getrieben sind vom Ehrgeiz, ihr Familienbild gesellschaftlich durchzudrücken – und das Loblied des doppelten Karriere-Paares singen, bei dem Kinder zu einer staatlich betreuten Rest-Größe werden.
Jetzt wird Müttern auch noch die Würde genommen
„Die Freiheit der Frauen, sich bewusst für Familienarbeit zu entscheiden, wird durch Gesellschaft und Politik immer mehr eingeengt“, beobachtet Hillebrand. Das gesellschaftliche Leitbild verändert sich. Mütter haben gelernt, sich für Mütterlichkeit zu schämen. Die Welt gehört den Geld-Verdienern, nicht den Kinder-Großziehern, die letztlich die Rente für die andere Gruppe finanzieren oder deren Kita-Plätze. Die Entwertung der Mütterlichkeit, ihre Abstempelung als faul, kinderfeindlich und unfähig zur Erziehung ist sicherlich eine der erschütterndsten Entwicklung der letzten Jahre. Aber ist das Leben hinter der Aldi-Kasse erstrebenswerter als das Leben mit Kindern? Die Weichen sind gestellt. Die totale Berufsarbeit wird zur Norm, die Mütterlichkeit diffamiert und rechtlich bestraft. Und jetzt auch noch der Albig-Hohn. Frisch zum Muttertag serviert: Die Mütter sind an allem Schuld.