Eigentlich sind wir gleich zweifach überrascht: Erstens weil der Stuttgarter Stadtbezirk Möhringen jetzt erst auf Antirassismus macht. Trotz des Namens, der auf den ersten Blick an „Mohr“ erinnert. Zweitens weil Möhringen nicht seinen Namen, sondern nur sein Wappen ändern will.
Nun, andernorts sind die politisch korrekten Retro-Richter über Rassismus und Kolonialismus längst erfolgreich unterwegs. Die Mohrenstraße in Berlin soll umbenannt werden. Mohren-Apotheken und Mohren-Hotels sind schon weitgehend verschwunden. Mohrenköpfe bleiben auf der Strecke oder unter der Ladentheke verschwunden. In Coburg sollte der Mohr aus dem Wappen verschwinden, aber er bleibt.
Die Möhringer wollen es nun besser machen. Nagel ohne Köpfe sozusagen! Das heißt: Sie wollen, dass im eigentlich fast nirgendwo präsenten Wappen der Kopf einer Mohrin verschwindet. Es ist dies ein schwarzer Frauenkopf mit roten Lippen krausem Haar und Kreolenohrringen.
Dass der Name „Möhringen“ dennoch erhalten bleiben soll, wird anders erklärt. Denn dieser Name verweise auf den „Stammsitz der Moro“, alemannischer Fürsten, die zwischen 500 und 700 n.Chr. in der Region walteten. Die Mohrin sei erst in der Zeit des Kolonialismus ins Wappen gekommen.
Ein wenig Nachhilfe für die Möhringer
Ob die alemannischen Moro-Fürsten tatsächlich nichts mit „Mohr“ zu tun haben, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Und wissen die ach so korrekten Säuberer und Bilderstürmer überhaupt, was es mit dem Namen „Mohr“ auf sich hat? Hier die Aufklärung: Das Wort „Mohr“ leitet sich vom griechischen mavros (μαύρος) ab, das so viel wie „schwarz“ oder „dunkel“ bedeutet. Im Althochdeutschen (der Zeit der alemannischen Moro-Fürsten) ist „Mohr“ belegt als Entlehnung aus dem Lateinischen maurus, womit ein Maure, ein Bewohner Nordwestafrikas, benannt wird. Das Wort findet sich auch in anderen Sprachen: moor im Niederländischen, mòro im Italienischen. Auf maurus beruhen die Ländernamen Mauretanien und Mauritius. Morisken waren getaufte Mauren im alten Spanien, Morellen sind dunkle Kirschen.
Und was machen all die Menschen, die Mohr heißen? Die Netzseite MyHeritage gibt an, dass sie 1 418 813 Belege für den Familiennamen Mohr besitzt. Dann erst St. Mauritius – Namenspatron von Moritz? Der um 250 bei Theben in Ägypten Geborene ist Patron von weltweit 850 Kirchen, Schutzheiliger der Soldaten und vieler Handwerker. Als Söldner weigerte er sich, wie von Kaiser Maximilian befohlen, gegen Christen zu kämpfen. Mauritius wurde daraufhin hingerichtet. Im Wappen von mehreren Dutzend Städten findet sich St. Mauritius als Schutzheiliger. Sein schwarzer Kopf ziert etwa die Wappen Sardiniens, Korsikas sowie seit 1579 das Stadtwappen Coburg. Dort inszenierten vor zwei Jahren zwei (!) Frauen – nicht aus Coburg – eine Petition zur Entfernung des Mauritius-Kopfs aus dem Stadtwappen. Dieser Kopf sei ein rassistisches Überbleibsel der Kolonialzeit. Die NSDAP hatte das Mauritiusbild 1934 übrigens durch ein Schwert mit Hakenkreuz ersetzt. 1945 führte der Nachkriegsbürgermeister in einer seiner ersten Amtshandlungen das Traditionswappen wieder ein. Und es bleibt.
Also, liebe Möhringer: Es ist nicht ausgeschlossen, dass euer Name, auch der Name eures alemannischen Fürsten, doch mit „maurus“ etwas zu tun hat. Was macht ihr dann, wenn sich Selbiges herausstellt?
Am besten lasst ihr alles beim Alten und maßt euch keine oberschlauen Urteile über eure Vorfahren an!
Aber dass ihr jetzt schon Grundschüler mobilisiert? Reicht die Infantilisierung der Klimadebatte in persona „Greta“ denn nicht?