Tichys Einblick
Neues aus Berlinistan:

Auch Minderjährige haben in Berlin den Bundestag gewählt

Das Ausmaß der Unregelmäßigkeiten bei der Wahl in Berlin wird immer größer. Sicherheitsstandards wurden offenbar nicht annähernd eingehalten.

Symbolbild

IMAGO / Marc John

Die Berichte über grobe Pannen und offensichtliches Behördenversagen in Berlin nehmen auch über eine Woche nach der Chaos-Wahl kein Ende. Im Gegenteil – das Ausmaß wird erst jetzt richtig deutlich: Nun wird bekannt, dass offenbar auch Minderjährige und EU-Ausländer an den Wahlen für den Bundestag und das Abgeordnetenhaus teilnehmen konnten.

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In Deutschland dürfen im Allgemeinen nur volljährige deutsche Staatsbürger an Wahlen teilnehmen. Eine Ausnahme davon bildet die Wahl zur Berliner Bezirksverordnetenversammlung, bei der auch Jugendliche ab 16 Jahren und ausländische Staatsbürger ihre Stimme abgeben können. Wie der Tagesspiegel und die Welt berichteten, wurden nun mehrere Fälle bekannt, in denen Jugendliche in den Wahllokalen nach Vorzeigen ihres Personalausweises mehrere oder gleich alle Stimmzettel erhielten. In zwei der drei geschilderten Fälle sollen die Jugendlichen sich nicht bewusst gewesen sein, dass sie eigentlich nur eine Stimme abgeben durften – sie seien einfach davon ausgegangen, dass das schon seine Richtigkeit habe. Eine andere Schülerin habe Bedenken gehabt und die Stimmzettel zurückgegeben. Laut den Bezirkswahlleitern der betroffenen Wahllokale in Neukölln und Pankow, könne man diese Vorgänge „nicht ausschließen“. Man gehe bislang aber „nur von Einzelfällen aus“ – wie viele Jugendliche tatsächlich mitgewählt haben, ist wegen der anonymen Stimmzettel schwer überprüfbar.

Es könnten aber nicht nur Fehler in einzelnen Wahllokalen begangen worden sein –  das Portal „wahlrecht.de“ hat die Berliner Landeswahlleitung schon mehr als eine Woche vor der Wahl auf eine „gravierende Manipulationsmöglichkeit“ bei der Briefwahl hingewiesen. Demnach konnten Erwachsene, die zu allen Wahlen berechtigt waren, Briefwahlunterlagen anfordern, ihre Stimmzettel dann an Unberechtigte weitergeben und am Wahltag im Wahllokal neue Stimmzettel erhalten. Die EU-Bürger und Minderjährigen könnten die „zusätzlichen“ Stimmzettel anonymisiert mit ihren Briefwahlunterlagen einreichen, ohne dass es jemandem auffällt. Das ist möglich, weil in Berlin, im Gegensatz zu anderen Bundesländern, nur ein Briefumschlag für alle Abstimmungszettel genutzt wird. Bei der Auszählung landen alle Umschläge ungeöffnet in einer Wahlurne. Wer zur Bundestags-, Abgeordnetenhauswahl oder zum Volksentscheid berechtigt ist und wer nicht, lässt sich also nicht mehr herausfiltern.

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Laut „wahlrecht.de“ hat die vor kurzem zurückgetretene Landeswahlleiterin Petra Michaelis kurz vor der Abstimmung die Regeln für die Auszählungen geändert, um die Manipulationsmöglichkeit auszuschließen. Ob das so kurzfristig gelungen sei, bleibe allerdings unklar – und erscheint anhand der schon zuvor bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten in Berlin und der bekannt gewordenen Ahnungslosigkeit vieler Wahlhelfer auch eher unwahrscheinlich. Davon abgesehen, ist Berlin laut dem Internetportal beim Umgang mit leeren Stimmzettelumschlägen von der Bundeswahlordnung abgewichen: Sie sollen entgegen der Vorgaben, nicht als ungültige Stimmen gewertet worden sein.
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