Tichys Einblick
Debatte um Einwanderungspolitik

Der Vormerz ist abgeblasen – die CDU bleibt die Merkel-Partei

Friedrich Merz hat bewiesen, dass er durchaus zu vernünftigen Gedanken fähig ist. Aber auch, dass er nicht fähig ist, diese gegen Staatsfunk und Partei durchzusetzen. Deren Entwicklung wird weiter von den Merkelianern verhindert.

picture alliance/dpa | Hannes P Albert

Ein Tag. So lange hielt der sinnvolle Vorstoß von Friedrich Merz, sich gegen illegale Einwanderung stemmen und illegal Eingewanderte abschieben zu wollen. Ein Tag Vormerz und dann fing er wieder an zurückzurudern, gab dem Druck nach und stellte klar: Sollten seine Vorschläge eine Änderung des Grundgesetzes nach sich ziehen, dann wolle er diese Vorschläge nicht gemacht haben. Kommt Olympia 2040 nach Deutschland, wird Zurückrudern olympisch und Merz holt selbst noch im hohen Alter sämtliche Goldmedaillen.

Eine Änderung des Grundgesetzes ist nichts Ehrenrühriges. Eben jenes Grundgesetz selber sieht Änderungen vor und regelt sie. Wird eine für rot-grüne Projekte notwendig, ist sie auch kein Skandal. Etwa bei dem Wunsch Robert Habecks (Grüne) und großer Teile der SPD, die „Schuldenbremse“ wieder abschaffen zu wollen. Doch wäre sie die Konsequenz eines CDU-Vorschlags – noch dazu zum linken Tabu-Thema schlechthin, der Einwanderungspolitik –, dann ist die mögliche Änderung des Grundgesetzes eben ein solcher Skandal, sodass sich Merz noch innerhalb von 24 Stunden genötigt sieht, das richtig zu stellen.

Die Unwucht im Staatsfernsehen gehört zu den wichtigsten Ursachen für die Probleme in Deutschland. Über 90 Prozent der Volontäre würden rot-rot-grüne Parteien wählen, ergab eine Umfrage unter ARD-Volontären (Auszubildende). Und so sieht das Programm dann auch aus. Dabei bricht das Staatsfernsehen ungeniert journalistische Regeln, um die linken Positionen ihrer Mitarbeiter zu propagieren. Es unterdrückt den Visa-Skandal der grünen Außenministerin, es betrügt offen und verkauft immer wieder grüne Politiker als Bürger, die es zufällig zum Interview ausgewählt habe.

Die CDU ist potenziell die mächtigste konservative Kraft in Deutschland. Doch die CDU verweigert sich dieser Aufgabe seit Angela Merkel. Die Christdemokraten legen sich vor dem Staatsfernsehen flach. Sie atmen deren Staub ein, wenn ARD, ZDF und Co wieder mal eine nicht-linke Position der CDU skandalisiert haben, und beteuern, so wäre es ja nicht gemeint gewesen, man habe ja nur … und überhaupt: Brandmauer. Unsere Demokratie erhalten. Weiter so. Wir haben nichts gesagt. Das Zurückrudern Merz’ am Mittwoch war mittlerweile die gefühlt tausendste Aufführung dieses unwürdigen Stücks politischen Schmierentheaters.

Die CDU verweigert sich nicht nur der Aufgabe, eine konservative Kraft zu sein. Sie negiert diese Aufgabe. Konservativ zu sein, sei nie der Markenkern der Partei gewesen, behauptet zum Beispiel Hendrik Wüst. Ja, genau, jener Ministerpräsident Nordrhein-Westfalens, der für den Terroranschlag von Solingen verantwortlich ist. Er hat das Thema Abschiebung von Innenminister und Parteifreund Herbert Reul weggenommen und der grünen Tralalala-Ministerin Josefine Paul zugeschoben.

Ein Symbol. Ein Zeichen, dass in Nordrhein-Westfalen ein Festival der Vielfalt nach dem anderen gefeiert wird. Was soll schon schiefgehen, wenn es genügt, mit einer einzigen Abwesenheit seiner gesetzlich geforderten Abschiebung komplett zu entgehen und sich weiter vom Steuerzahler aushalten zu lassen? Schließlich gibt es ja Waffenverbotszonen, in denen das Tragen von Messern verboten ist. Der Rest ist unter dem Schlagwort „Solingen“ in die Geschichte eingegangen.

Die Reaktionen, mit denen Politdarsteller wie Wüst ihre Schuld überspielen, sind genauso bekannt: ein trauriges Gesicht aufsetzen, „ein paar Sätze des Mitgefühls“ vortragen, betonen, „die Gesellschaft“ nicht spalten zu lassen und zu versichern, dass es bloß nicht den Falschen nutzen dürfe. Mannheim, Solingen, ja blöd, und siehe die „Sätze des Mitgefühls“, doch schlimmer ist es für Politiker wie Wüst, wenn es den Konservativen nutzt – und die haben ja nie zum Markenkern der CDU gehört.

Wüst, Daniel Günther und selbst der Saar-Verlierer Tobias Hans gehören zu den Merkelianern – und die haben immer noch das Sagen in der Partei. Aus ihrer Sicht ist Merz nur ein Übergangschef. Für sie gilt, was sie bei „Mutti“ gelernt haben: alle Grundsätze über Bord werfen, nach der Pfeife des Staatsfernsehens regieren und anschlussfähig für die Grünen sein. Koste es das Land, was auch immer es koste. Politiker wie Wüst, Günther und Hans sind der Knoten, der jedes Aufdröseln der fatalen Merkel-Jahre verhindert.

Knoten müssen zerschlagen werden. Doch der Mann dafür ist Friedrich Merz nicht. Das hat er nun zur Genüge bewiesen. Er ist letztlich auch nur ein Vertreter der Christdemokraten, die Hand in Hand mit dem Staatsfernsehen politische Konkurrenten wie die AfD oder das Bündnis Sahra Wagenknecht diskreditieren – um davon abzulenken, wie splitterfasernackt sie selbst inhaltlich dastehen. Deswegen hat Deutschland eine dysfunktionale Regierung, den weltweit unbeliebtesten demokratischen Regierungschef – aber trotzdem eine Opposition, die über 30 Prozent nicht hinauskommt.

Und selbst das nur, weil sie auf ein Reservoir an in die Jahre gekommenen Stammwählern zurückgreifen kann, für die CDU immer noch für Konrad Adenauer oder Helmut Kohl steht. Für Hendrik Wüst Männer, zu deren Markenkern es nie gehört habe, konservativ zu sein. Führt ein Politiker derart von Wunschdenken geleitet sein Amt, wundert es wenig, wenn unter seiner Verantwortung Attentate möglich werden, weil Abschiebungen nicht funktionieren.

Anzeige
Die mobile Version verlassen