Merkel will gerne mal Führung demonstrieren. „Es geht darum, das Virus auf seinem Weg durch Deutschland zu verlangsamen“. Das hätten wir jetzt nicht geahnt. Sie spricht Sätze, die aus jedem Leitartikel zusammengestoppelt scheinen. Hände waschen, Abstand halten, kaum noch Kontakte zu den ganz Alten.
Wichtiger scheint, wie sie es sagt: Sie versucht zu betonen, wo sie sonst Sätze verschwurbelt, um die Zuhörer über das Gesagte möglichst im Unklaren zu lassen. Sie schaut starr. Es sind viele Plattitüden, die sie aneinanderreiht. Und so betont sie plötzlich das „Wir“, das „Jeder und Jede“. Das ist neu bei der Kanzlerin der Spaltung: „Niemand ist verzichtbar“. Das hörte sich bislang anders an – sie braucht nur ihre Zujubler. Jetzt spricht sie im Ton künstlich hervorgehoben und doch mit starrem, emotionslosem Blick. Es sind ja auch fremde Wörter für sie, die sie verwendet. Nun ist wieder von der Nation die Rede, die es doch gar nicht mehr gibt und auch aus ihrer Sicht wohl nicht mehr geben soll. Die Nation, mit der Fahne, die sie sonst wegsteckt, mit der Sprache, die sie durch Untertitel ersetzt, die Einheit, die sie brüsk zurückweist, wenn sie nicht aus Jasagerei besteht: Jetzt wird also wieder die gemeinsame Wurzel betont, die sie versucht zu zerstören? Und wo kommt die Deutschland-Fahne her, vor der sie sitzt? Vermutlich Restbestände aus der Rumpelkammer des Kanzleramts. Es ist eine sprunghafte Rede mit logischen Mottenfraßlöchern.
Zuwendung als körperliche Zuwendung soll durch Abstand als Ausdruck von Fürsorge ersetzt werden. Es mag ja sein, dass manche noch in Kneipen feiern, oder wenn die geschlossen sind, davor gemeinsam anstoßen. Aber diese Art von Rede überzeugt nicht.
Kein Wort allerdings dazu, warum diese Maßnahmen nicht früher gesetzt wurden. Dafür strickt sie an ihrer eigenen Legende: „Für jemandem wie mich, für die Reise- und Bewegungsfreiheit ein schwer erkämpftes Recht waren, sind solche Einschränkungen“… Nun, sie konnte vor dem Mauerfall mehrfach in den Westen reisen und kehrte in DDR zurück. Was hat sie erkämpft? Sie war keine Bürgerrechtlerin. Kein Wort zur Verzögerung der notwendigen Abgrenzung, zu Gesundheitskontrollen, die an Flughäfen für Einreisende aus dem Iran oder China nicht durchgeführt wurden. Dafür sollen wir jetzt für Opa und Oma Podcasts aufsetzen und mal wieder einen Brief schreiben, der angeblich noch ausgeliefert wird. Dass es zu wenig Testmöglichkeiten gibt und diese nur der politischen Elite uneingeschränkt und jederzeit zur Verfügung stehen – keine Entschuldigung.
Man bleibt hilflos zurück. Es war eine Rede ohne Neuigkeiten und Substanz. Ohne Vergangenheit und Perspektive. Kein Wort zu wirtschaftlichen Maßnahmen. Kein Wort zu verpatzten Vorsorgemöglichkeiten, zu fehlenden Schutzmasken oder Desinfektionsmitteln.
So bleibt man ratlos zurück. Geht das, eine Regierungserklärung ohne jede Neuigkeit und mit so erkennbaren Rückgriffen auf Begriffe und soziales Kapital, das man in den vergangenen Jahren verschleudert hat.
Schade. Merkels Regierungserklärung wird bejubelt werden von der Vielzahl der Schreiber, die ihre Führungslosigkeit in eine besondere Form der Führungsfähigkeit uminterpretiert. Merkel lebt ja in einer für sie perfekten Welt: Keine Opposition, die noch gehört wird, denn die kritischen Stimmen wurden ja ausgegrenzt und der stillschweigende Schulterschluss mit den Grünen ist unüberhörbar. Sie hat keine kritische Presse zu befürchten; ihr ist es gelungen, die Medien einzuschläfern und die kritischen zu bedrohen. So lässt es sich regieren – ganz ohne Inhalt, aber mit der Perspektive des Machterhalts.