Lange dreizehn Jahre lang hat Volker Kauder, der treue Vasall von Angela Merkel, die Unionsfraktion im Deutschen Bundestag zu einem Exekutivorgan des Kanzleramts degradiert. Nicht alle, aber doch die übergroße Mehrzahl der Unions-MdBs, haben sich diese faktische legislative Stilllegung gefallen lassen.
Doch über die Jahre ist der Unmut gewachsen, aus vereinzeltem Grummeln gegen Kauder (und Merkel) ist ein vernehmliches Aufbegehren geworden. Schon seine letzte Wahl im September 2017, direkt nach den Bundestagswahlen, bescherte Kauder mit nur noch 77 Prozent statt der gewohnten 90 Prozent plus einen Denkzettel.
Heute Nachmittag ab 15.00 Uhr trifft sich die Unionsfraktion wieder zur Wahl des Fraktionsvorsitzenden. Eine Neuerung in der siebzigjährigen Unionsgeschichte ist allein die Tatsache, dass mit dem Gütersloher Finanzexperten Ralph Brinkhaus erstmals ein Mitbewerber bei der Wahl des Fraktionsvorsitzenden auf dem Stimmzettel steht. Ja sogar Wahlkabinen wird es geben, um die Diskretion bei der Stimmabgabe sicherzustellen.
Doch die richtige Spannung will bei mir nicht aufkommen. Angesichts der beiden wichtigen Landtagswahlen am 14. Oktober in Bayern und am 28. Oktober in Hessen, wird die Mehrheit der Unionsabgeordneten mit mehr oder weniger Überzeugung ihr Kreuz bei Volker Kauder machen. Denn nach der Causa Maaßen, die in einer verheerenden Performance von Merkel, Seehofer (und Nahles) mündete, wollen die meisten Ruhe im eigenen Laden. Das Motto der „demütigen“ Kanzlerin vom Montag, man wolle nach den gemachten Fehlern jetzt zur Sacharbeit zurückkehren, wird jede Kauder-Abwahlneigung dämpfen.
Meine Prognose: Ralph Brinkhaus erhält maximal ein Drittel der Stimmen. Womöglich erreicht Volker Kauder aber sogar fast sein Ergebnis vom September 2017. Denn die Union putscht selbst in dieser Situation keinen Kauder und erst recht keine Angela Merkel weg.