Angela Merkel macht einfach weiter. Statt von Impfungen redet sie nun wieder von der Verschärfung des Lockdowns. In der Konferenz der Länderchefs mit der Kanzlerin, die zu einer Art informeller Corona-Regierung geworden ist, hat man sich offenbar nun auf Einschränkungen des Bewegungsradius geeinigt, wenn eine bestimmte Infektionslage eingetreten ist. Ab einer Inzidenz von 200 sollen sich Bürger nur noch 15 Kilometer von ihrem Wohnort entfernen dürfen. Und Merkel wollte laut der Beschlussvorlage des Kanzleramts am liebsten noch deutlich schärfere Maßnahmen, die die Länderchefs aber vorläufig ausbremsten.
Als habe Merkel persönlich und ihre bisherige Politik nichts mit dem Impfdebakel zu tun, wie es die Bild nennt, also den viel zu geringen Bestellmengen für den Impfstoff von Biontech / Pfizer durch die EU-Kommission, ist in der Beschlussvorlage nur von „anfangs eingeschränkten Produktionskapazitäten in Deutschland“ die Rede, die man nun erhöhen wolle. Die Schuld am Impfstoffmangel wird also letztlich dem Produzenten zugeschoben. Kein Wort davon, dass auf Merkels Wunsch hin die EU-Kommission die Verantwortung für die Bestellungen übernahm und in anderen, Nicht-EU-Ländern die Impfungen viel weiter vorangeschritten sind, obwohl der wichtigste Impfstoff aus Deutschland kommt.
Der Brief von Bundesgesundheitsminister Spahn und drei europäischen Amtskollegen an die EU-Kommission, der einer Unterwerfungserklärung gleichkommt, und der am Anfang des in Brüssel veranstalteten Debakels der viel zu wenigen Impfdosen steht, könnte darum auch für Merkel zum Debakel werden. Denn die Bild-Zeitung, die ihn veröffentlichte, lässt keinen Zweifel daran, dass diese Unterwerfung der nationalen Regierungen auf ausdrücklichen Wunsch Merkels erfolgte. Sie legte die Gesundheit der Bürger, für die die deutsche und andere Volkswirtschaften heruntergefahren und die Freiheitsrechte eingeschränkt wurden, in die Hände einer erneut als unfähig entlarvten Bürokratie.
Wie kann Merkel nun noch ihre Rolle als Schützerin vor dem Virus glaubwürdig aufrecht erhalten? Gar nicht. Sie kann nur abzulenken versuchen.
Wer Macht ausübt, trägt Verantwortung. Von dem Wort ist in Politikerreden oft die Rede, aber was es eigentlich bedeutet, wird allzu oft ignoriert. Von Merkel durchgängig. Verantwortung bedeutet: Antworten schuldig zu sein. Die Frage ist letztlich immer dieselbe: Warum hast du das getan? Und wenn der Träger der Verantwortung keine Antwort geben kann, die die Fragesteller, also die Bürger, zufriedenstellt, muss er die Verantwortung eben abgeben.
Merkel antwortet nicht, wie sie es nie tut. Sie konnte sich das bislang meist erlauben, weil sie eben nicht allzu laut gefragt wurde. Das war in allen Merkel-Krisen so. Bislang auch in der Pandemie: Der wachsende Leidensdruck der Bürger hat nicht zu Überdruss an der politischen Führung geführt, sondern zum Gegenteil.
Das könnte sich jetzt ändern. Der Leidensdruck der Menschen steigt weiter und das Versagen der Regierung und der Kanzlerin selbst ist jetzt ganz unübersehbar. Die Bürger dürfen kaum noch in die nächste Stadt fahren, die Polizei untersagt das Rodeln, die Sorge um den Arbeitsplatz und steigende Preise plagt. Und nun erfahren sie, dass ihnen zwar monatelang die heilsame Wirkung und patriotische Pflicht der Impfung gepredigt wurde, aber gar kein Impfstoff für sie da ist, weil der Kanzlerin die EUZuständigkeit wichtiger war als die Versorgung der eigenen Bürger.