Zwischen vielen belanglosen, ehrerbietigen bis liebedienerischen Fragen der Journalisten an Bundeskanzlerin Angela Merkel in ihrer heutigen, alljährlichen Sommerpressekonferenz stachen drei Fragen und Merkels Antworten darauf ein wenig hervor.
Nachdem Merkel gerade im Bezug auf Weißrussland von dort fehlenden „Freiheitsmöglichkeiten“ sprach („…was wir für uns als selbstverständlich annehmen können, Demonstrationsfreiheit, Meinungsfreiheit…“), wagte es ein Journalist der amerikanischen Agentur AP, Merkel zu fragen, ob es nicht ein Widerspruch sei, wenn „die Bundesregierung weltweit auf die Einhaltung der Versammlungsfreiheit pocht, während hier in Berlin Demonstrationen von möglicherweise Zehntausenden verboten werden“ und sie dies „respektiere“. Und er fragte auch, ob sie bereit wäre, sich mit Vertretern „dieser recht heterogenen Bewegung zu treffen, wie Sie es mit Klimaaktivisten oder Bauernverbänden getan haben“.
Die zweite verschlüsselte, aber doch recht eindeutige Ansage kam von Merkel in Richtung der demonstrierenden Opposition in Weißrussland und in Richtung Kreml gleichzeitig. Einerseits fühle sie sich erinnert an die Lage in der DDR vor Honeckers Sturz, aber „andererseits weiß ich, dass die Umstände jetzt ganz andere sind“. Die Wende in der DDR habe geschehen könne, weil die Sowjetunion, Gorbatschow, es habe „geschehen lassen“. Sie sagte, sie könne sich „gut reinversetzen“ in die Lage der Demonstrierenden in Minsk (hier tat sie so, als habe sie selbst 1989 gegen das Honecker-Regime demonstriert, was nachweislich nicht der Fall war). Aber der Gesamterfolg „solcher Bewegungen“ hänge eben davon ab, „wie die gesamte geopolitische Lage ist“. Aus dem Merkelschen übersetzt heißt das: Ich akzeptiere das Einspruchsrecht des russischen Regimes in Weißrussland, so wie einst die Breschnew-Doktrin akzeptiert wurde. Putin wird es mit Genugtuung registrieren.
Übrigens: Was sie den Demonstranten in Berlin nicht anbietet, nämlich ein Gespräch, hat sie beim weißrussischen Noch-Machthaber Lukaschenko aktiv gesucht, wies sie selbst sagt. Er habe es aber abgelehnt, mit ihr zu telefonieren.
Die dritte bemerkenswerte Offenbarung aus diesem Merkel-Auftritt betraf das Verhältnis Deutschlands zu den USA und China. In Anwesenheit eines so genannten Journalisten der staatlichen chinesischen Nachrichtenagentur Xinhua gab die Kanzlerin des NATO-Mitgliedsstaates Deutschland zu Protokoll: „Wenn wir vor die Wahl gestellt würden, uns zwischen China und den USA zu entscheiden, wäre das nicht gut.“ Da folgte kein Bekenntnis zur transatlantischen Allianz, zur deutsch-amerikanischen Freundschaft. Diese Ungeheuerlichkeit schien keinem im Raum der Bundespressekonferenz aufzustoßen. Jedenfalls gab es keine Nachfrage, ob sie sich nicht doch zur Nato und deren Führungsmacht USA bekenne.