Da schaut unsereins, um mal die Gedanken baumeln zu lassen und dem Dauerbrenner Coronapolitik für eine Weile zu entkommen bei „Wer weiß denn sowas?“ rein. Kurz vor der Auflösung der Schlussfrage springt ohne jede Vorwarnung eine Sondersendung der Tagesschau auf den Bildschirm. Und schon schaue ich statt in die fröhlichen Gesichter der Quizrunde in die von Kanzlerin Merkel, Berlins Regierendem Bürgermeister Müller und Bayerns Ministerpräsident Söder. Der Schock könnte größer nicht sein.
Merkel, physisch strapaziert und körpersprachlich fahrig, sagt genau zu den Fragen, die sich inzwischen selbst aus den Reihen der Regierungstreuen kritisch an sie richten – nichts. Im Grunde sagt sie nicht mehr als: Da wir nach Lockerungen der Maßnahmen wieder in den nächsten Lockdown müssen, bleiben wir gleich im Lockdown, im verschärften.
Ein Haushalt darf nur noch eine andere Person treffen. Sagen Sie mal Frau Merkel, in welcher Welt leben Sie? Gehe ich runter den getrennten Müll wegbringen,
treffe ich garantiert drei bis vier andere aus anderen Haushalten. Und natürlich tragen wir da keine Masken. Beim Zahnarzt vorgestern waren es insgesamt zwölf. Alle mit Masken, aber was nützt das schon bei den vielen Aerosolen?
Übrigens: Der Abstand von Merkel zu Müller und Söder beim Lockdown-Auftritt ist sicher groß genug (siehe Titelbild), aber was ist mit den Aerosolen? Zwischen den Quizpaaren bei „Wer weiß denn sowas?“ gibt es eine Trennscheibe!
Ein Bewegungsradius von fünfzehn Kilometern rund um den Wohnort in Hotspot-Regionen. Unter den wenigen Fragen von Journalisten in dieser Sondersendung ist eine nach der Bedeutung von Wohnort. Merkel, mimisch sichtlich auf die Frage nicht vorbereitet, improvisiert und erklärt Berlin zum Wohnort. Na prima für Balina. Ost-West hat Berlin 45 km, Nord-Süd 38. Von wegen 15, die kommen hier dazu. Nur in Kleinkleckersheim gilt 15 netto. Und was für ein Erfolg wird es für die Virusbekämpfung sein, wenn Renter Maier beim sechzehnten Kilometer ertappt und streng bestraft wird. Mein Gott, was für Ignoranten.
Müller, Berlin und Söder, Bayern demonstrierten unfreiwillig, welcher Grad Kritik an Monarchin Merkel erlaubt ist. Müller bringt in seinen – wie bei Merkel – von Wiederholungen geprägten Ausführungen mit gesenktem Blick keck unter, er sei froh, nun über das Eintreffen des Impfstoffes mehr zu wissen, wo sie doch zum Impfen schon alles vorbereitet hätten in Berlin. Söder lobt die Impfstoff-Beschaffung durch die EU, um dann mit verschmitztem Gesichtsfunk anzufügen, man müsse sich aber schon auch um die eigenen Leute kümmern.
Wow, welch Löwenmut bei Hofe.
Gegen Ende der vom Wühlen in vor ihr liegenden Papierseiten begleiteten, wie immer in Merkelsprech vernuschelten, unvollständigen Sätzen, sagte die Monarchin doch tatsächlich: Die Bundesanstalt für Arbeit werde Personal für Alten- und Pflegeheime anwerben und ausbilden lassen. Frau Merkel, das haben Sie fast ein Jahr ignoriert. Schämen Sie sich nicht? Passt perfekt zur Ankündigung des Bauens von Fabriken für die Impfstoffproduktion. Beides kann nicht wesentlich vor Ablauf eines weiteren Jahres wirken – optimistisch gesehen.
Die besonders Anfälligen für dieses und jedes andere Virus seit Beginn der Corona-Panik nicht ins Zentrum der Maßnahmen stellen, die Qualität der Pflege nicht verbessern, die Kapazitäten der Krankenhäuser nicht stärken, sondern die Masse der weniger bis kaum Gefährdeten einsperren, aber gar nicht eingesperrt kriegen, Frau Merkel, wie wollen sie das alles je verantworten? Ich weiß, gar nicht. Denn Sie sind auf dem Verantwortungsohr taub. Ihnen geht es nur um Überschriften, die Sie für Ihr weiteres Monarchenleben für nützlich halten – mindestens auf dem Thronsessel Kanzler, und wenn das nicht, dann „höher“.