„Also ich halte das Ganze für eine genial eingefädelte Zweitstimmenkampagne zu Gunsten der AfD.“ Kommentierte ein Leser den Beitrag „Bei der „Ehe für alle“ will Merkel keinen Fraktionszwang„. Wie viel da dran ist, ahnen wir vielleicht bei der nächsten Umfrage. Aber halbwegs sicher wissen können wir es erst am Wahlabend. Jedenfalls geht Merkel im üblichen Themen-anderer-Parteien-Abräumverfahren ein Risiko an der Wählerfront ein, das sie nicht kalkulieren kann und nicht kalkuliert hat.
Eine andere Leserstimme sagt. „Merkel will doch gerade, dass die CDU/CSU-Fraktion teilweise dagegen stimmt. Dann sind die ‚konservativen‘ CDU-Wähler eingeseift und mit den Stimmen SPD/GRÜNINNEN/Linke ist die Abstimmung trotzdem gewonnen.“ Dieser kluge Gedanke ist mit dem ersten durchaus kompatibel. Und auch mit diesem: „Der Wähler schluckt das mit dem Gefühl: ‚Ach, dann ist es halb so schlimm!'“ Eine Mischung der vermuteten Effekte wird stattfinden – ist aber eben eine Lotterie.
Im Moment schaut es demoskopisch-propagandistisch so aus:
Schauen wir nächste Woche auf die Ziffern, die nach dem Themen-anderer-Parteien-Abräumverfahren in Sachen „Ehe für alle“ in Gestalt einer namentlichen Abstimmung im Bundestag ermittelt wurden. Entweder sie bestätigen das Forsa-Bild oder verschärfen die INSA-Sicht. Dann haben wir einen Anhaltspunkt, ob und wenn ja, wie Merkels neuester Schwenk sich ausgewirkt hat. Merkels Absicht ist nicht offensiv, sondern defensiv. Aber ihre Defensive kann sich offensiv gegen sie richten. Sie hat den großen Strategen Sunzi nicht gelesen: Begib‘ dich nie in ein Gelände, das du nicht jederzeit und ohne Verluste wieder verlassen kannst.
Fußnote: Für die uniforme Selbstverständlichkeit praktisch aller Medien, einfach nur zu melden, Merkel „gibt die Abstimmung frei“, gibt es die Note 6 minus.