Tichys Einblick
Nachspiel ohne Spahn

Mehr als vier Jahre Haft für Maskendeal – politisch bleibt aber alles im Dunkeln

Die CSU-Politikertochter Andrea Tandler fädelte 2020 ein Geschäft für 700 Millionen Euro ein – und muss wegen Steuerhinterziehung Haft. Ihr Kontakt zu Jens Spahn, über den TE damals berichtete, wurde in dem Prozess nicht beleuchtet.

IMAGO / Sven Simon

Die Unternehmerin Andrea Tandler muss nach dem Prozess um ihren Corona-Maskendeal für vier Jahre und fünf Monate in Haft. Ihr ebenfalls angeklagter Partner N. kam mit drei Jahren und neun Monaten Gefängnis etwa milder davon. Die Geschäftsfrau und Tochter des früheren bayerischen Finanzministers Gerold Tandler vermittelte 2020 dem Bund Corona-Masken für mehr als 700 Millionen Euro, beschafft von der Schweizer Firma EMIX.

Sie und ihr Partner kassierten dafür 48,4 Millionen Euro Provisionen. Diese Summe versuchte Tandler an der Steuer vorbeizuschleusen; einen Teil schenkte sie N., ohne dass einer der beiden Schenkungssteuer zahlte. Beide gehen folglich wegen Steuerhinterziehung in Haft, wobei sie das Strafmaß durch Geständnisse am Landgericht München I schon deutlich drücken konnten. Bei Tandler wäre auch gut das Doppelte möglich gewesen.

Andrea Tandler nutzte für ihre Geschäfte einerseits privaten Kontakt zur CSU-Europaabgeordneten Monika Hohlmeier, andererseits aber auch einen direkten Draht zum damaligen Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Spahn entschied im April 2020, ein so genanntes Open-House Verfahren zur Maskenbeschaffung durchzuführen. Das bedeutete: jeder, der eine Mindestmenge an Masken liefern konnte, bekam eine Abnahmegarantie zu einem hohen Preis. Fest steht, dass Tandler und Spahn schon an dem Tag telefonierten, als der Minister dieses Verfahren in Gang setzte. Die CSU-Politikertochter sagte vor Gericht nicht etwa, sie habe Spahn angerufen. Der Minister habe sie telefonisch kontaktiert. Spahn selbst wurde bei der Verhandlung in München nicht als Zeuge vernommen.

Das eigentliche Geschäft wickelten damals die beiden Jungunternehmer der Schweizer Firma EMIX ab, die mit sehr viel Kapital in das Maskengeschäft einstiegen und zu den ersten gehörten, die bei dem Inhouse-Verfahren bei Spahn zum Zuge kamen. Die Maskenbeschaffung des Ministers endete damals sehr schnell in einem finanziellen Desaster: Seine Beamten schlossen in kurzer Zeit sehr viele Verträge. Dabei verloren sie offenbar den Überblick. Schon sehr schnell zeichnete sich ab, dass sie das Budget zum Maskenkauf bei weitem überzogen hatten. Sie stoppten deshalb hektisch die Käufe – nur nicht bei EMIX. Von den Schweizer Händlern mit der speziellen politischen Verbindung orderte Spahns Ministerium noch einmal 100 Millionen Stück, als schon längst klar war, dass der Bund gar nicht wusste, was er mit den zu viel bestellten Masken anfangen sollte.

TE berichtete damals in einer Recherche-Serie über Spahns merkwürdige Geschäfte. Die spielten bei dem Prozess in München allerdings so gut wie keine Rolle. Gegen Spahn selbst gab es nie eine juristische Untersuchung. Die Staatsanwaltschaft Berlin ermittelte immerhin gegen den Beamten, der damals federführend für die Maskenbeschaffung zuständig war, wegen Haushaltsuntreue – stellte das Verfahren aber ein.

Interessanterweise unternahm auch sein Nachfolger im Amt Karl Lauterbach (SPD) nichts, um die Hintergründe der dubiosen Entscheidungen seines CDU-Vorgängers aufzuklären.

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