Tichys Einblick
Pannenrazzia in Berlin

Mehr als Tausend Polizisten nehmen nur drei Mitglieder des Remmo-Clans fest

In Berlin rückten 1.638 Beamte an - inklusive GSG 9 - und verhafteten ganze 3 Clanmitglieder. Sieht man sich die Kriminalgeschichte eines der Täter an, wirft das ein noch schlechteres Bild auf unseren angeblich so entschlossenen Rechtsstaat. Von Manuel Freund

Symbolbild

imago Images

Am Dienstag um sechs Uhr morgens begannen insgesamt 1.638 Polizisten aus diversen Bundesländern, das SEK, zwei Hubschrauber und selbst die GSG 9 – mit einer Razzia gegen die organisierte Kriminalität in Berlin. Dabei wurden drei Mitglieder des Remmo‑Clans festgenommen. Wohlgemerkt: 1.638 Polizisten können im Clan-Milieu ganze drei Verhaftungen erwirken.

Vor fast einem Jahr sollen diese den „Dresdner Juwelendiebstahl“ begangen haben. Am 25. November 2019 wurden diverse Kunstobjekte und Juwelen im Wert von mehreren hundert Millionen Euro – darunter u.a. auch eine diamantbesetzte Aigrette – aus dem Grünen Gewölbe des Residenzschlosses Dresden gestohlen.

Oberstaatsanwalt Jürgen Schmidt erklärte, dass die Ermittlungen durch die Kameratechnik am Residenzschloss erheblich vorangekommen seien. Durch sie habe man nicht nur den unmittelbaren Tatablauf, sondern auch Vorbereitungen, Flucht und klare Hinweise zur Identifikation herausfinden können.

Heft 12-2020
Tichys Einblick 12-2020: Lockdown im Kopf
Der Remmo-Clan ist eine arabische Großfamilie. Viele der Mitglieder leben jedoch in Deutschland und besitzen – wie die drei Festgenommenen – die deutsche Staatsbürgerschaft, was viele Medien dazu ermutigte, von „deutschen“ Tätern zu sprechen.

Der Grund dafür, dass so viele Mitglieder der Großfamilie – trotz allgemeiner Bekanntheit der Machenschaften des Clans – weiterhin relativ ungestört ihr Unwesen treiben können, ist die schiere Anzahl der Familienmitglieder – mindestens 500 soll es von ihnen geben. Die Familie ist in den letzten Jahrzehnten immer wieder durch alle möglichen Straftaten von Körperverletzung über Raub und Drogengeschäfte bis hin zu Mord auffällig geworden.

Die Staatsanwaltschaft schrieb auf Hinweise, die zur Aufklärung der Straftat führen, eine Belohnung von einer halben Million Euro aus, man spricht von einem der größten Diebstähle in der Geschichte Deutschlands.

Umso glücklicher ist die Polizei darüber, dass die drei Clan-Mitglieder bei der Razzia an insgesamt 18 Objekten verhaftet werden konnten. Allerdings: Zwei weitere tatverdächtige Clanmitglieder sind noch auf der Flucht. Sie wurden nach Bild-Informationen noch in der Nacht der Razzia observiert, Einheiten der Polizei verfolgten einen der beiden – doch dann verschwand er. Angesichts von über 1600 Beamten im Einsatz kann man das schon als Debakel empfinden. Auch von den gestohlenen Kunstschätzen fehlt bisher jede Spur.

Einer der Verdächtigen war bereits hinlänglich polizeibekannt. Zusammen mit seinem Cousin stahl er eine Goldmünze aus dem Bode-Museum. Gegen das Urteil von viereinhalb Jahren Haft legte er zuerst Revision ein, zog diese dann aber Ende September zurück. Außerdem wurde er letztes Jahr zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, nachdem er Spreizwerkzeug von einer Spezialfirma gestohlen hatte – solches Werkzeug wurde auch bei dem Einbruch in das Grüne Gewölbe benutzt.

Jetzt müsste man sich eigentlich fragen, warum der Verdächtige dann nicht im Gefängnis saß und wie es passieren konnte, dass jemand, der offensichtlich in der Vergangenheit mehrere schwere und geplante Straftaten begangen hat und der zusätzlich auch noch den Namen eines berüchtigten Verbrecher-Clans trägt, nicht beobachtet wurde.

Dennoch sagt der Berliner Innensenator Andreas Geisel (SPD), dass der deutsche Rechtsstaat Ordnung entschlossener und klüger durchsetze als mancher Kriminelle glaube. Na, wenn er es sagt …

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