Tichys Einblick
Inhaltliche Argumente: Fehlanzeige

Medien überschlagen sich: Wuhan-Studie „krude“, „toxisch“, „unwürdig“

Mit Argumenten, die allein auf die Form der Veröffentlichung, nicht auf ihren Inhalt abzielen, soll die Universität Hamburg zum Schweigen gebracht werden. Die Medien überschlagen sich dabei in Attacken, die eine weitere Auseinandersetzung mit dem gesamten Thema verunmöglichen soll.

Getty Images | Screenprint: Uni Hamburg

„Ich habe rund 600 Dokumente und Hinweise untersucht, da kann man zu keinem anderen Schluss kommen, als dass das Virus aus dem Labor stammt.“ sagt Prof. Wiesendanger der Hamburger Morgenpost. Die von ihm vorgelegte Analyse zum Corona-Ursprung ist stichhaltig, enthält Punkte, über die man in jedem Fall diskutieren sollte. Sollte die These zutreffen, dass das Virus, das seit einem Jahr unser aller Leben bestimmt, aus einem chinesischen Labor entkommen ist, würde das alles auf den Kopf stellen. Eigentlich eine Steilvorlage für die Medien in einer Demokratie: Große Nachrichten stellen weitere Nachfragen an, man kann auf weitere Untersuchung drängen, auf Stellungnahmen der Regierung, des RKI. Aber nichts davon geschieht: Die ganze Energie konzentriert sich einzig und allein darauf, das Ergebnis, zu dem Prof. Wiesendanger gekommen ist, mit gesammelter Macht schlecht aussehen zu lassen.

Keine kritischen Ansichten erwünscht
Corona aus dem Labor? Jetzt soll die Uni Hamburg zum Schweigen gebracht werden
Der Spiegel titelt: Theorien zu Virusursprung – Universität Hamburg adelt krude Corona-Studie“; nachdem der NDR erst schneller berichtete als die BILD-Zeitung, folgt dort nun: Krudes Zeug in der Corona-Studie der Uni Hamburg“, ZDF heute dagegen noch vergleichsweise brav: „Uni Hamburg verbreitet fragwürdige Theorie“. In den Texten überschlägt man sich in verbalen Anwürfen, die in ihrer Vehemenz immer mehr Leser stutzig machen: „unwürdig“, „unwissenschaftlich“, „toxisch“. Grundsätzlich wird nur von der „sogenannten Studie“ gesprochen, bzw. Studie in Anführungszeichen gesetzt. Ein Spiegel-Journalist beschwert sich auf Twitter, dass Medien wie die BILD über das Thema überhaupt berichtet haben: „Mit Journalismus hat das wirklich rein gar nichts zu tun“.

Eine umfangreiche Abhandlung zu einer der entscheidensten Fragen unserer Zeit soll unter blanker Beschimpfung versinken. In den Artikeln kommen immer nur die gleichen, rein oberflächlichen und inhaltsleeren „Argumente” daher. Mit sogenannten Faktenchecks gegen die sogenannte Studie: Der Text sei auf Deutsch erschienen und nicht, wie üblich, auf Englisch, die Analyse richte sich an die Öffentlichkeit und es seien fachfremde Quellen verwendet worden. Es findet sich kaum ein Artikel, der ohne die Erwähnung auskommt, dass die „bei Verschwörungstheoretikern beliebte“ Seite Epoch Times in den Quellen auftauche, ebenso wie Focus Online. Dass Focus Online lediglich Äußerungen von Christian Drosten dokumentierte und nicht die deutsche, sondern die Singapur-Ausgabe der Epoch Times als Quelle herangezogen wurde, auf der chinesische Dissidenten geheime Unterlagen veröffentlicht haben, wird bei dem Schnellurteil nicht berücksichtigt.

Mit drei, vier Sätzen und Buzzwords wie „krude“, „toxisch“, „unwürdig“ und „umstritten“ scheint die über 100 Seiten lange Analyse widerlegt/niedergebrüllt und der Wissenschaftler als Spinner abgetan. Ein inhaltliches Argument findet sich vergleichsweise sehr selten. Ist es also falsch, dass eine Forschungsgruppe am virologischen Institut der Stadt Wuhan über Jahre gentechnische Manipulationen an Coronaviren vorgenommen hat, mit dem Ziel, diese für Menschen ansteckender, gefährlicher und tödlicher zu machen? Dass die erste infizierte Person wohl ein Mitarbeiter jenes Instituts war? Trifft es zu, dass auf dem bekannten Wildtiermarkt gar keine Fledermäuse angeboten wurden?

Vielleicht können deutsche Journalisten Professor Wiesendanger (Leopoldina-Mitglied, er wurde einst als Physiknobelpreisträger gehandelt) einen Kursus in gutem wissenschaftlichem Arbeiten anbieten. Damit wäre sicherlich sehr geholfen.

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