Tichys Einblick
„Der Informationszugang wird ... abgelehnt“

Maskendeal mit Schweizer Firma via Politiker-Tochter: Spahn hält Details geheim

Die Firma Emix durfte 2020 zu Ausnahmekonditionen Masken an die Bundesregierung liefern. Das Geschäft hatte die Tochter eines CSU-Politikers eingefädelt. Was genau ablief, geht das Parlament aber nichts an, meint Bundesgesundheitsminister Jens Spahn.

Jens Spahn, Bundesminister für Gesundheit, CDU

IMAGO / IPON

Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die Geschäfte zwischen seinem Ministerium und dem Schweizer Masken-Lieferanten Emix weiter als Staatsgeheimnis behandeln – auch gegenüber Bundestagsabgeordneten, denen die Exekutive auskunftspflichtig ist.

Der Fall Emix gehört deshalb zu den besonders anrüchigen in der Masken-Lieferaffäre, weil hier die Tochter eines prominenten Unionspolitikers per Handy den direkten Kontakt zum Gesundheitsminister anbahnte: Andrea Tandler, Tochter des früheren bayerischen Wirtschafts- und Finanzministers Gerold Tandler (CSU) rief Spahn am 9. März 2020 auf dessen Mobiltelefon an und fädelte den Deal ein. An diesem Tag hatte Spahns Ministerium das so genannte Open-House-Verfahren zum Maskenankauf überhaupt erst beschlossen. Andrea Tandler musste also über Informationen aus erster Hand verfügt haben. TE berichtete.

Der Abgeordnete der Linkspartei Fabio de Masi stellte bei der Bundesregierung einen Antrag nach Informationsfreiheitsgesetz, auf Einblick in alle Unterlagen zu Kontakten zwischen Spahn und Andrea Tandler und zwischen Spahn und Mitarbeitern seines Hauses in Sachen Emix Trading. Die Bundesregierung antwortete: „Der Informationszugang wird … abgelehnt.“

Spahns Staatssekretärin Sabine Weiss argumentiert, eine Offenlegung der Kontakte stelle nicht nur eine „Verletzung der vertraglich vereinbarten Verschwiegenheitsvereinbarung dar“, sondern „wäre somit geeignet, die Rechtsposition des Bundes zu verschlechtern“. Eine vertraglich vereinbarte Verschwiegenheit mit einer Firma in der Schweiz, die als Lieferant des deutschen Staates auftritt, rangiert also nach Ansicht der Bundesregierung höher als das Kontrollrecht von Abgeordneten. 

„Verschlechterung der Rechtsposition“ – damit meint die Gesundheits-Staatssekretärin laufende Gerichtsverfahren gegen Spahns Ministerium. Gegen Spahns Ressort klagen derzeit gut 80 Unternehmen, die Masken lieferten – aber nicht oder nur teilweise bezahlt wurden. Hintergrund ist eine massive Fehlkalkulation des Bundesgesundheitsministeriums: Es hatte im Frühjahr 2020 sehr viel mehr Masken bei verschiedenen Händlern geordert als eigentlich geplant, und das Budget für den Kauf von Schutzmaterial von 1,2 Milliarden Euro um das Mehrfache überschritten – auf über 6 Milliarden. Um die Fehlleistung zu verschleiern, erklärte das Spahn-Ministerium die Verträge mit vielen Händlern für nichtig und Masken für fehlerhaft – und zahlte nicht.

Das Unternehmen Emix allerdings erhielt eine auffällig zuvorkommende Behandlung: Nach den Recherchen von de Masi bestellte das Bundesgesundheitsministerium bei der Schweizer Firma am 24. April 2020 noch 100 Millionen Masken zum Stückpreis von 5,40 Euro nach – obwohl zu diesem Zeitpunkt schon klar war, dass es ein Masken-Überangebot gab, und die Preise bei den meisten Händlern niedriger lagen. 

Auch parlamentarische Anfragen von de Masi und anderen Abgeordneten hatte das Bundesgesundheitsministerium entweder in der Sache nicht oder nur ausweichend beantwortet. „Der Bundesgesundheitsminister führt das parlamentarische Fragerecht ad absurdum“, heißt es bei de Masi. 

Gegen die Ablehnung des Auskunftsantrags will der Politiker allerdings nicht klagen – er verlässt den Bundestag mit Ende der Legislaturperiode. 

In der Öffentlichkeit wird er trotzdem weiter eine Rolle spielen: de Masi, Obmann seiner Fraktion im Wirecard-Ausschuss, arbeitet an einem Buch über den Skandal um den Pleite-Zahlungsdienstleister und die Politik. 

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