Tichys Einblick
Klausur der CSU

Markus Söder wirbt für Koalition mit SPD

Der bayerische Ministerpräsident Markus Söder fordert einen grundlegenden Wechsel in der deutschen Politik - und will den durch eine Koalition mit den beiden Parteien herbeiführen, die seit 76 Jahren an der Macht sind. Nicht der einzige Widerspruch.

picture alliance / Eibner-Pressefoto

Ein Redakteur der Frankfurter Rundschau aus Neu-Isenburg hat in bierseeligen Runden gerne den Scherz gemacht, er gründe die Organisation „Nazis gegen Rechts“. In Anlehnung an alle, die sich mit dem Thema profilieren wollen. Nun spricht Markus Söder sich gegen Populismus aus. Ja. Genau. Der Mann, der es schafft, schon im selben Satz zwei unterschiedliche Meinungen zu vertreten. Der seine Partei aufgeben wollte, wenn sie nicht aus der Atomkraft aussteigt – und der jetzt diese Atomkraft wieder als vernünftigen Energieträger anerkannt hat. Der in der Pandemie „Team Vorsicht“ anführte und das Lesen auf Parkbänken strafrechtlich verfolgen ließ, bis der Wind sich drehte und er der mit einem Schlag der vermeintlich größte Maßnahmen-Gegner sein wollte. Dieser Mann warnt nun vor Populismus. Im Jahr 2025 braucht es keinen Alkoholmissbrauch mehr, um besoffenes Geschwätz zu erleben – Markus Söder auf Phoenix reicht schon.

Negativ gesehen dreht sich Markus Söder nach jedem Wind. Positiv gesehen hat in Deutschland kaum ein anderer Politiker so ein sicheres Gespür wie der bayerische Ministerpräsident für die Frage, wo der Wind gerade her weht. Die Deutschen sind die Grünen leid, sagt ihm jetzt dieses Gespür. Deswegen spricht sich Söder gegen eine Koalition mit den Grünen aus. Gut gebrüllt Löwe aus Bayern. Doch was kommt dann?

Das österreichische Modell schließen die Christsozialisten aus. Söder warnt davor, dass es zu „dem“ eben kommt, wenn Regierung an der Bevölkerung vorbei regierten – und meint mit „dem“ eine von der FPÖ angeführte Regierung. Alexander Dobrindt, Chef der CSU-Landesgruppe im Bundestag, sieht in der sich anbahnenden Regierung sogar „ein warnendes Signal“. In Österreich ist links-grüne Politik gescheitert – und für die CSU ist das „ein warnendes Signal“. Christdemokraten gegen Rechts. Was früher besoffenes Geschwätz war, ist 2025 Realpolitik der eigentlich wichtigsten deutschen Volkspartei.

Was kommt denn nun, wenn die Grünen und die, aus seiner Sicht, Populisten der AfD von der Bundesregierung fernhalten will? Tata: die SPD. Die Partei, die 22 der letzten 26 Jahre regiert hat, soll gemeinsam mit der Partei von Angela Merkel nun alles anders machen. Das wird bestimmt klappen. Etwa in der Migration. Gefährder würden zurückgeführt, verspricht Söder, oder eben gar nicht mehr erst ins Land gelassen. Der Wind weht nach Magdeburg, Solingen und Mannheim aus der Richtung. Doch das mit der SPD umsetzen, die Turbo-Einwanderung ermöglicht und Kritik an dieser Politik kriminalisiert hat? Und mit all den Hendrik Wüsts, Daniel Günthers, Tobias Hans und Norbert Röttgens? Das klappt bestimmt.

Die andere zentrale Förderung Söders ist ein Senken der Steuern. Mit der SPD. Deren Vorsitzenden Saskia Esken und Lars Klingbeil kategorisch eben diese Senkungen ausschließen? Deren Kanzler Olaf Scholz erklärt, sie würden ja auch nichts bringen? Einer Partei, die abwechselnd den Staat mit höheren Steuern und noch mehr Schulden aufblähen will? Die soll es sein, mit der sich die Senkung umsetzen lässt? Diese Idee Söders als „leeres Versprechen“ darzustellen, wäre sprachlich viel zu wenig. Es beim richtigen Namen zu nennen, verbietet der Paragraph 188, der zu harte Kritik an Politikeraussagen als Majestätsbeleidigung strafrechtlich verfolgt.

„Dobrindt und Habeck sehen Österreich als mahnendes Beispiel“ titelt Pro 7 derzeit einen Beitrag im Internet. Wer hat Recht? Die CSU-Chefs aus München, die beteuern, grüne und christdemokratische Politik ließen sich nicht auf einen Nenner bringen? Oder doch der Sender aus München, der es schafft, Grüne und CSU mit nur acht Worten auf einen Nenner zu bringen?

Auch Habeck warnt vor österreichischen Zuständen. Das ist eine Einmischung in ausländische Politik. Derzeit wollen der Spitzenkandidat der Grünen und sein Scharfmacher Andreas Audretsch eine eben solche „Einmischung“ des X-Inhabers Elon Musk nutzen, um in Deutschland die Meinungsfreiheit zu schützen, indem sie diese abschaffen. Dass grüne Politik paradox ist, ist bekannt. Ebenso wie die schamlose Doppelmoral der Grünen. Dass grüne Politik totalitär basiert und gefährlich für die Bürgerrechte ist, kann indes nicht oft genug erwähnt werden.

Steuersenkungen und Abschiebungen. Das ist derzeit gefragt. Also vertritt Markus Söder es. Doch sein wahrer Kern schimmert durch. Und der sieht so aus, dass seine Beteuerungen gegen die Grünen den Sauerstoff nicht wert ist, den der CSU-Chef wegatmet, während er diese ausspricht. E-Autos mit Milliarden subventionieren wollen oder vor rechten Regierungen warnen… Markus Söder wird ohne weiteres in einer Koalition mit den Grünen landen. Es muss der Wind nur aus der entsprechenden Richtung wehen.

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