Crystal Meth, mit der der Grünen-Politiker Volker Beck ertappt wurde, ist eine gefürchtete Droge.
Crystal Meth überwindet sofort die Blut-Hirn-Schranke, flutet das Gehirn, und sorgt dort für einen Dopaminausstoß, der stärker ist als bei jeder anderen Droge, selbst Heroin.
Die Europäische Zentralbank unter ihrem Präsidenten Mario Draghi pumpt Geld in die Volkswirtschaft, rund 2.000 Milliarden. Geld, Zinsen und Preise sind das Nervensystem der Wirtschaft. Dieses Nervensystem wird davon überflutet wie von einer Droge. Unternehmer, Konsumenten und Politiker sollen damit einen Konsumrausch erleben, damit die Wirtschaft anspringt.
Die Dealer flüstern: „Brauchst Du was? Koka? Ecstasy? T?“ T steht für Crystal Meth.
In der Draghi-Sprache heißt die Droge „Quantitative Easing“, QE, und steht für Geld ohne Zinsen. Der Kaufrausch macht glücklich, flutet das Hirn mit Glückshormonen. Wer nüchtern Geld auf dem Konto hat, ist der Dumme.
T-Konsumenten durchleben einen ,Flash‘, sie werden euphorisch und fühlen sich selbstbewusst.
So geht es auch der deutschen Wirtschaft mit QE. Arbeitsplatzrekorde, Exporte und Löhne steigen, Gewinne sprudeln. Wir sind die Größten. Es geht uns gut.
Wie der T- Konsument:
Er verändert sich, wird vitaler, frischer. Wenn er am Montag nach drei Tagen ohne Schlaf zur Arbeit geht, arbeitet er hochkonzentriert. Die Kollegen beneiden ihn um seine Energie.
Die Welt beneidet die Deutschen um ihr Wirtschaftswunder. Wie machen sie das? Sie machen es mit QE. Mit immer mehr.
T führt zu „Craving“, so heißt die unstillbare Gier, noch mehr von der Droge zu nehmen.
Auch die europäische Wirtschaft braucht immer mehr QE. Müssten die Regierungen wieder Zinsen zahlen, wären Griechenland, Frankreich, Italien – Pleite. Wolfgang Schäubles schwarze Null, der ausgeglichene Haushalt: Alles nur noch rot, blutrot. Draghi pumpt daher der Wirtschaft immer mehr QE in die Adern. Bislang hat er jeden Monat für 60 Milliarden Schuldenapiere gekauft. Ab sofort sind es 80 Milliarden. Die Zinsen sinken von mickrigen 0,05 auf Null Prozent. Die Konsumenten in den verschuldeten Ländern verlangen immer mehr QE wie der Drogensüchtige T. Ohne QE läuft nichts mehr.
Wer regelmäßig T konsumiert, für den ist normaler Geschlechtsverkehr so, wie ein Glas Wasser zu trinken.
Aber die Nebenwirkungen der Droge werden sichtbar:
Schwindel, Psychosen und Depressionen.
Wer spart, wird enteignet. Die Fondsgesellschaft Union Invest beziffert die Zinsverluste für deutsche Privathaushalte wegen QE in 5 Jahren auf 224 Milliarden Euro. Die Sparer verarmen. Das ist riskant für die Altersvorsorge. Italien spart 53 Milliarden an Zinsen für seine Staatsverschuldung, Jahr für Jahr. Es ist eine gewaltige Umverteilungsmaschine. Die Risiken steigen.
Wenn man auf Droge ist, kommen einem die Risiken lächerlich vor.
Der Staat ist abhängig: Wer Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble für 10.000 € Bundesschatzbriefe für die Altersvorsorge abkauft, verliert Jahr für Jahr 30 €. Schäuble dagegen spart bis 2022 dafür 88 Milliarden Euro durch QE.
Was macht den Reiz einer Substanz aus, die Menschen in wenigen Monaten um Jahre altern lässt?
Die Wirtschaft ist abhängig: Ohne QE Absturz in die wirtschaftliche Depression.
T wirkt:
Jemand, der so glücklich ist, hat keine Hemmungen mehr. Er ist ein Tier, gierig und geil.
Mit QE geben Regierungen und Unternehmen Geld aus, das sie nicht haben, gierig und geil. Für Reformen oder Entzug? Keine Kraft.
Der Zusammenbruch folgt unweigerlich. Verfolgungswahn, Wahnvorstellungen, Selbstmordversuche. QE und T – zwei Drogen, bei denen auf das kurze Glück der Zusammenbruch folgt.
Die kursiven Stellen stammen aus einer Crystal Meth-Reportage von MORTEN FREIDEL in der FAS. Der Beitrag ist kürzer auch in Bild amSonntag erschienen