Tichys Einblick
"Good Governance Gewerkschaft"

Marcel Luthe gründet Gewerkschaft – und kündigt Widerstand gegen Impfpflicht an

Der ehemalige Berliner FDP-Abgeordnete Marcel Luthe gründet eine Gewerkschaft für alle Branchen. Er bemängelt ein Versagen der etablierten Gewerkschaften, sowie deren mangelnde Parteiunabhängigkeit. Vor allem soll nun auch Betroffenen im Gesundheitswesen konkret geholfen werden.

Das ehemalige Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses Marcel Luthe gründet eine  Gewerkschaft. Die Good Governance Gewerkschaft (GGG) will insbesondere gegen restriktive Corona-Maßnahmen und die Impfpflicht in Betrieben kämpfen. „Wenn eine Mehrheit – auch gewerkschaftlich – in die eine Richtung will, es aber nur eine Gewerkschaft gibt, die gegenüber Arbeitgeber, Gesetzgeber und Verwaltung auftritt, werden die beruflichen Interessen einer Minderheit gewerkschaftlich nicht vertreten.“ erklärt die GG-Gewerkschaft. Nie habe eine Regierung tiefer in die Situation am Arbeitsplatz eingegriffen.

Lohnzahlung bei Arbeitsverbot
Impfpflicht im Gesundheitswesen: Wer bezahlt die Machtprobe?
Luthe gilt Umfragen zufolge als einer der bekanntesten Berliner Landespolitiker. Der Unternehmer war zunächst Abgeordneter der FDP und schließlich bei der Abgeordnetenhauswahl 2021 Spitzenkandidat der Freien Wähler – jetzt ist er Bundesvorsitzender der neu gegründeten Gewerkschaft. Seine Stellvertreter sind Stefan Lutter, Personalrat bei der Berliner Stadtreinigung und der Opernsänger Ilja Martin von Brünken.

Das Recht für jedermann, eine Gewerkschaft zu gründen ist im Grundgesetz verankert. Organisiert ist die GGG als nicht-eingetragener Verein – so wie viele andere Gewerkschaften, wie etwa der DGB, auch.

Den Menschen, deren berufliche Interessen durch die Impfpflicht gefährdet werden, wolle man als Gewerkschaft eine Stimme geben, sagte Luthe im Gespräch mit TE. Luthe bemängelte insbesondere im Hinblick auf die Impfpflicht für medizinisches Personal ein Versagen der etablierten Gewerkschaften – er berichtet von Fällen, in denen umgeimpfte Arbeitnehmer im Gesundheitssektor die gewerkschaftliche Hilfe mit dem lapidaren Satz „Dann lassen Sie sich doch impfen“ verweigert wurde. „Demokratie lebt vom Wettbewerb – aber in der Bewertung der Regierungspolitik gibt es gewerkschaftlich offenbar aktuell ein Meinungsmonopol“, sagt Luthe.

Er führt vor allem auch die Parteinähe der großen Gewerkschaften als Argument an. Tatsächlich wurde jüngst die SPD-Bundestagsabgeordnete und ehemalige SPD-Generalsekretärin Yasmin Fahimi zur neuen DGB-Vorsitzenden nominiert. Die geplante Impfpflicht wäre ein tiefer Einschnitt in die Rechte von Arbeitnehmern – doch eine kritische Vertretung ihrer Interessen sei, so Luthe, nicht zu erwarten.
Er habe selbst, so Luthe, mitangesehen, wie die Kontrolle der Regierung durch das Parlament und des Parlaments durch den Souverän kaum mehr wirksam stattfinde.

Die GG-Gewerkschaft unterscheide sich von anderen Gewerkschaften daher nicht durch ihre Art, sondern ihre Ausrichtung. „Statt das Mitglied zu überreden, sich als Reaktion auf Druck ‚freiwillig impfen‘ zu lassen, kämpfen wir für den Wunsch unserer Mitglieder nach Selbstbestimmung“, so Luthe. Den Arbeitnehmern im medizinischen Sektor helfe man ab sofort ganz konkret mit Beratungsgesprächen auch mit juristischen Fachleuten, die bereitstünden.

Das laut Luthe „schlampig ausgearbeitete“ Gesetz zur Pfleger-Impfpflicht lasse viele Betroffene bis heute im Unklaren. Luthe sieht allerdings gute Chancen, dass die Personalnot in Krankenhäusern dazu führen wird, dass die Gesundheitsämter die Regel nicht wirklich durchsetzen bzw. die Politik sogar vorher noch umschwenken könnte. Luthe rät dringend von voreiligen Kündigungen ab und empfiehlt Betroffenen abzuwarten: „Die Impfpflicht im Gesundheitswesen wird die Personaldecke nicht verbessern, sondern weiter ausdünnen und ist schon deshalb ein gefährlicher Irrweg, den wir stoppen werden.“

Man wolle dazu gemäß der gewerkschaftlichen Prinzipien zunächst in Betrieben informieren und aufklären und mit Arbeitgebern in den Dialog treten. Man sei aber auch bereit, alle Mittel der gewerkschaftlichen Arbeit auszuschöpfen, dazu gehört als Ultima Ratio auch der Streik.

Serie: Pfleger erzählen – Teil 2
"2020 wurden wir beklatscht, 2022 stehen wir vor der Kündigung"
Politische Streiks sind in Deutschland nach herrschender Lesart nach einem Urteil des Freiburger Landesarbeitsgerichtes von 1952 nicht zulässig – auch wenn dieses Verbot umstritten und grundgesetzlich nicht verankert ist. Die Corona-Restriktionen seien laut Luthe aber ein direkter Einschnitt für Arbeitnehmer – insbesondere wenn, wie aktuell in der Bundesregierung diskutiert wird, eine allgemeine Impfpflicht über die Arbeitgeber durchgesetzt werden würde. Gewerkschaften dürfen die Interessen von Arbeitnehmern nicht nur im Betrieb, sondern auch allgemein in Wirtschaft und Gesellschaft vertreten. Und dieser Protest kann selbstverständlich gerade vor dem politischen Beschluss erfolgen, um noch etwas bewirken zu können.

Die neue Gewerkschaft will den vielen in ihrem beruflichen Umfeld isolierten Betroffenen eine Stimme geben: „Die Befürworter der ‚Corona-Maßnahmen‘, die sich weit überwiegend bis heute nicht als wirksam erwiesen haben, profitieren von der Möglichkeit, die rationale Kritik an der Aufweichung betrieblichen Daten-, Kündigungs- und auch Gesundheitsschutzes als Einzelmeinung darzustellen, die man vernachlässigen könne“, sagt Luthe.

Die Gewerkschaft ist ab jetzt tätig, eine Website wurde soeben veröffentlicht, über die Mitgliedsanträge angenommen werden. Zunächst liege der Fokus nun darauf, schnell auch regionale Strukturen zu schaffen. Luthe selbst steht bereits mit Vertretern aus verschiedenen Branchen in Kontakt, er gilt insbesondere als gut vernetzt in Berlins Polizei und Feuerwehr.

Anzeige
Die mobile Version verlassen