Tichys Einblick
„Machtdemonstration des politischen Islam“

Ahmad Mansour kritisiert die Zulassung des Muezzinrufs in Köln als „sträflich naiv“

Ein Muezzin der von Erdogans Regime gesteuerten Türkisch-Islamischen Union Ditib wird in Köln bald öffentlich zum Gebet rufen. Der Psychologe Ahmad Mansour kritisiert dies als „Machtdemonstration des politischen Islam“ und wirft der Kölner Oberbürgermeisterin Reker Naivität vor.

Ahmad Mansour

IMAGO / Rene Traut

Die Türkisch-Islamische Union Ditib darf vermutlich schon an diesem Freitag erstmals per Muezzin zum Gebet in die Zentralmoschee in Köln rufen. Der Berliner Islamismus-Experte Ahmad Mansour hat die Erlaubnis deutlich kritisiert. „Das ist eine Machtdemonstration des politischen Islam“, sagte Mansour der Deutschen Presse-Agentur, wie Medien berichten. Mansour erwartet davon „fatale Folgen“.

Die Ditib untersteht direkt der Aufsicht der Religionsbehörde der türkischen Regierung, also letztlich dem autokratisch-islamistischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan.

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Mansour, ein Psychologe und Islamismus-Experte („Operation Allah – Wie der politische Islam unsere Demokratie unterwandern will“), der in Israel in einer arabisch-palästinensischen Familie aufwuchs, erinnerte daran, dass Erdogan die Zentralmoschee in Köln-Ehrenfeld persönlich eröffnet habe. „Es ist verheerend, wenn ausgerechnet dieser Organisation jetzt eine derartige öffentliche Anerkennung zuteil wird.“ Die Kölner Entscheidung werde in der ganzen Welt wahrgenommen.

Die Stadt Köln hatte im Oktober 2021 angekündigt, dass Moscheegemeinden auf Antrag und unter Auflagen ihre Gläubigen zum Gebet rufen dürfen. Nun steht ein entsprechender Vertragsabschluss mit der Ditib laut Presseberichten unmittelbar bevor. Dann dürfte der Muezzin einmalig zwischen 12 und 15 Uhr für eine maximale Dauer von fünf Minuten zum Freitagsgebet rufen. Da es sich um ein Pilotprojekt handele, sei der Vertrag auf zwei Jahre befristet, so die Stadt. Die Ditib müsse außerdem mit einem Flyer die Anwohner informieren und eine Ansprechperson benennen.

In der Pressemitteilung der Stadt vom Oktober 2021 steht zu Anfang der Satz: „Während in christlichen Kirchen die Glocken geläutet werden, um die Gläubigen zum gemeinsamen Gottesdienst zu rufen, sind es in den Moscheen muslimischer Glaubensgemeinschaften die Rufe des Muezzins, die diesen Zweck erfüllen.“

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„Das sehe ich anders“, sagte Mansour dazu gegenüber der DPA. „Beim Glockengeläut geht es um Klang, beim Muezzinruf geht es um konkrete religiöse Botschaften.“ Der Muezzinruf enthält die Behauptung, dass es keinen anderen Gott als Allah gebe und dass Mohammed sein Gesandter sei.

Mansour weist auch daraufhin, dass viele junge Muslime in Deutschland es zu schätzen wüssten, dass die Religion hier weniger öffentlich präsent sei als in den islamischen Herkunftsländern ihrer Familien. „Sie finden das entspannend, sie finden das gut“, sagte Mansour. „Wenn sie pünktlich zum Gebet erscheinen wollen, dann stellen sie einfach ihre Handys ein.“

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Mansour kritisiert auch die Kölner Oberbürgermeisterin Henriette Reker persönlich dafür, dass vor ihrer Entscheidung keine öffentliche Diskussion stattgefunden habe. Es gehe schließlich um grundsätzliche Fragen: „Welche Stellung hat der Islam in unserer Gesellschaft? Ist er wirklich gleichberechtigt? Wenn das so ist, dann müssten Muslime auch staatliche Feiertage einfordern können und vieles andere mehr. Und eben das wird jetzt geschehen: Die Konservativen fühlen sich bestätigt, sehen dies als einen wichtigen Schritt hin zur Islamisierung Europas und werden immer mehr fordern.“ Den Muezzinruf nur in den Kontext der Glaubensfreiheit zu stellen, sei „sträflich naiv“.

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