Tichys Einblick
Kein Interesse am eigenen Erbe

Märchenland Preußen wegen Sparzwängen vor der Schließung?

Vandalismus und Sparzwänge bedrohen das Weltkulturerbe der Schlösser und Gärten Preußens. Die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg widmet sich der Bewahrung und Pflege des reichen kulturellen Erbes Preußens. Heute bezuschusst die Stadt Potsdam die Stiftung mit einer Millionen Euro, um einen freien Eintritt zu gewährleisten. 2024 könnte diese Bezuschussung enden – damit würde es nötig werden ein Eintrittsgeld zu verlangen. Ein Kommentar von Noemi Johler.

Das Orangerieschloss im Park Sanssouci

SPSG / Reinhardt & Sommer, Potsdam

Sans Souci – ohne Sorge wollte Friedrich der Große sein, und baute sich in Potsdam einen Barockgarten, Terassen und ein Lustschloss. Spätere Könige und Kaiser bauten es zur Residenz aus. Heute bewundern zahllose Besucher ein prunkvolles Preußen, dass das Bild des spartanischen Soldatenstaats Lügen straft.

Doch nun treffen die Besucher der Schlösser und Gärten auf geschlossene Tore. Denn das Weltkulturerbe ist von Sparzwängen und Vandalismus bedroht. Die Bundesregierung sieht sich nicht in der Verantwortung. Auf eine Anfrage der AfD-Fraktion einer möglichen Schließung von Schlössern der Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten (SPSG) für den Besucherverkehr, antwortete die Bundesregierung eher gelassen.

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Die Stiftung Preußischer Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg widmet sich der Bewahrung und Pflege des reichen kulturellen Erbes Preußens. Zentral ist dabei auch, dass dieser Kulturbesitz für die Öffentlichkeit zugänglich ist. Die Gärten des Schlösser Charlottenburg und Sanssouci sind bereits seit 1792 per königlicher Anordnung frei zugänglich. Heute bezuschusst die Stadt Potsdam die Stiftung mit einer Millionen Euro, um einen freien Eintritt zu gewährleisten. 2024 könnte diese Bezuschussung enden – damit würde es nötig werden ein Eintrittsgeld zu verlangen. Und damit nicht genug – es droht nun die Schließung mancher Schlösser.
Energie, Inflation, Tariflöhne treffen auf weniger Besucher

Gründe dafür nennt der SPSG-Generalsekretär Christoph Vogtherr: „höhere Bau- und Energiekosten, die Inflation und Tarifsteigerungen für die Beschäftigten“ seien verantwortlich für die „Sparzwänge“ und auch der „Aufwand für den Erhalt der Parks“ stiegen wegen den vermehrten Fällen von Vandalismus. Besonders der Park Sanssouci habe in den letzten Jahren unter einer Zunahme von Vandalismus gelitten. Diese reichen von Graffiti-Schmierereien an den historischen Gebäuden bis hin zu mutwilligen Beschädigungen von Statuen und Gartenelementen.

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Die Bundesregierung scheint jedoch wenig Besorgnis darüber zu hegen. Sie weist darauf hin, dass die Stiftung ihre Ordnungskräfte im Jahr 2022 im Vergleich zum Vorjahr verdoppelt hat und eine flächendeckende Bewachung des Parks nach Einschätzungen der Stiftung nicht möglich sei. Dazu komme, dass in den Schlössern die Zahl der Besucher nach wie vor unter dem Niveau vor der „Corona-Krise” läge. Ein Staat mit Rekordsteuereinnahmen schafft es nicht, im öffentlichen Raum für Ordnung zu Sorgen, und kapituliert vor den Auswirkungen seiner eigenen Politik. Das Weltkulturerbe wird einfach weggeschlossen.

Doch dieses Erbe zeichnet die geschichtliche Entwicklung vom brandenburgischen Kurfürstentum, zum preußischen Königtum, bis zum Deutschen Kaiserreich nach. Es ist ein Kulturerbe im wahrsten Sinne des Wortes. Es muss auch erhalten werden.

„Was du ererbt von deinen Vätern hast,
Erwirb es um es zu besitzen.
Was man nicht nützt, ist eine schwere Last,
nur was der Augenblick erschafft, das kann er nützen“;

Die Sätze stammen von einem Dichter namens Johann Wolfgang von Goethe, von dem sogar Bundestagsabgeordnete gehört haben dürften. Man sollte meinen, die Bundesregierung, als größter Zuwendungsgeber der Stiftung, setzte sich für den Erhalt, Schutz und Nutzen dieses historischen Erbes ein. Doch sie sieht sich hier nicht in der Verantwortung. Auf die Anfrage der AfD antwortete sie: Die Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg (SPSG) ist eine Landesstiftung der Länder Brandenburg und Berlin, die der Rechtsaufsicht des Landes Brandenburg unterliegt, das auch koordinierender Zuwendungsgeber ist.

Beide Länder wechseln sich im Stiftungsratsvorsitz alle zwei Jahre ab. Der Bund ist weiterer Zuwendungsgeber der Stiftung. Oder in anderen Worten: Berlin und Brandenburg bestellen, der Bund ist still und zahlt. Dass eine Stiftung, deren Vorsitz nicht einmal moderne Parks erhalten kann – wie der Drogenmarkt Görlitzer Park beweist – mit historischen Parks überfordert ist, braucht nicht zu überraschen. Stattdessen beschäftigt sich Kulturministerin Claudia Roth lieber damit, Kulturgüter wie die Beninbronzen zu verschenken – als seien die Artefakte deutscher Museen ihr Privateigentum, das ohne Einbeziehung des Parlaments weggegeben werden darf.

Die Bundesregierung hat – wie auch Emilia Fester zeigte – wenig Interesse an deutscher Geschichte. Wie ein alter, weiser Mann namens Georg Wilhelm Friedrich Hegel einmal sagte: „Wir lernen aus der Geschichte, dass wir überhaupt nichts lernen.“


Noemi Johler studiert allgemeine und vergleichende Literaturwissenschaften an der Ludwig-Maximilians-Universität München. Für Tichys Einblick betätigt sie sich als freie Autorin.

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