Dafür also ist Geld geflossen: Das Möbelportal Westwing veröffentliche zuerst eine Home-Story über die Wohnung der Schauspielerin Natalia Wörner und ihres Lebensabschnittsgefährten, Justizminister Heiko Maas. Es ist eine Werbe-Kooperation, man kennt das: Prominente erhalten Geld, wenn ihre Wohnung gezeigt werden darf, etwa wie in diesem Fall mit Möbeln eines ganz bestimmten Anbieters. Ein Minister als Poster-Boy in einem Möbelladen, wenn auch nur virtuell? Das kostet sicherlich einige Peanuts.
Nun könnte man sich darüber aufregen, dass ein Minister Geld einsteckt für Werbung. Man könnte das „Korruption“ nennen, wenn er in einer von anderen bezahlten Laube wohnt und als Justizminister Entscheidungen fällt, die auch Westwing-Interessen beträfen. Ja, so wäre es früher gewesen. Heute formuliert ein Mediendienst, die sei „Berichterstattung aus niederen Motiven.“ Denn wer Politiker kritisiert, handelt aus niederen Motiven, auch wenn früher, das ostzugegeben schon lange her, Minister ihr Amt an den Nagel hängen mussten, wenn sie von anderen Geld genommen haben. Und das hat er. Für den Mediendienst Meedia aus dem Hause Handelsblatt aber reicht das Versprechen, dass die Vorteilsnahme, und um die handelt es sich augenscheinlich, korrekt versteuert wurde. Früher hätte das die Opposition im Bundestag aufgeregt. Aber nicht mehr im neuen deutschen Bundestag, in dem von manchen nicht solches Verhalten, sondern die Kritik daran kritisiert wird.
Private übernehmen die Rechtspflege
Nur wurde in diesem Fall die Reklame-Show schnell wieder aus dem Netz genommen. BamS rekonstruierte sie aus dem Zwischenspeicher, kurz danach war der auch geleert. Nein, der Minister hat nicht löschen lassen, obwohl er sonst mit Löschen hauptberuflich gewissermaßen beschäftigt ist. Das wäre Verdächtigungsjournalismus. Vermutlich hat nur Natalia zu voreilig ihren Minister vermarktet. Und wurde zurückgepfiffen, vermutlich, wie gesagt. Es ist aber auch zu blöd: Wenn Maas ab September nicht mehr Minister ist, interessiert sich auch niemand mehr für seine Wohnung von Innen. Und dummerweise ist es auch nicht möglich, Strafgelder, die neuerdings von privaten Unternehmen eingetrieben werden, in die private Kasse umzuleiten. Da besteht noch Handlungsbedarf. Wozu ist man schließlich Justizministers-Partnerin, wenn man nichts davon hat von dieser Rechtsdurchsetzung, die so viel Zeit in Anspruch nimmt. Immerhin sollen nach dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz wenigstens zukünftig Private darüber entscheiden, wann die Grenze der Meinungsfreiheit überschritten ist – was bisher nur Richter durften. Nach der Privatisierung der Rechtspflege wäre es doch ein konsequenter Schritt, auch die daraus resultierenden Strafen zu privatisieren, ist doch logisch, oder? Es besteht also noch Hoffnung. Auch, wenn die Zeit für Vermarktung knapp wird, sehr, sehr knapp. Die Zeit läuft davon für Nebeneinkünfte.
BamS listet auf, was im Katalog zu sehen war und bei Maas/Wörners als Heim des Ministers und seiner Schauspielerin vorgeführt wurde: Der Samt-Polsterstuhl „Manhattan“, 6 Stück, à 429 Euro, der dazu passende Lehnstuhl, 2 Stück zu 499,—; bis hin zu Pendelleuchte und Wandspiegel. (129,—). Alles in allem Möbel im Wert von 9.104,— Euro. Zu sehen nicht mehr bei Westwing, da wurde es schnell wieder gelöscht, aber bei BamS. Ein geradezu gräßliches „Deko-Objekt“ für 34 Euro darf nicht fehlen – ministerielle Staubfänger. Das Ganze wirkt unpersönlich, aufgesetzt, eben wie ein Möbelhauskatalog. So unpersönlich wie gelackt – ganz der Minister. Vermutlich wohnt er anders, das weiß man nicht – möchte man das überhaupt? „Jede Wohnung hat so ihre kleinen Geheimnisse“, flüstert Natalia noch dazu. Oder anders herum: Zu glauben, dass das Glamour-Paar so wohnt ist Fake News.
Fake News vom Glamour-Paar
Es soll sich um eine ganz normale Kooperation handeln, wie gesagt, da fließt Geld. Für Schauspielerinnen mag das üblich sein – dass Politiker ihr Privatleben gegen Honorar vorführen, ist bisher weniger vorgekommen. Wörner läßt mitteilen, dass sie die Einnahmen ordnungsgemäß versteuern werde, da hat sie ja noch Zeit.
Der Minister himself soll in die Kooperation nicht verwickelt gewesen sein. Gründe für deren Löschung werden nicht genannt. Es bleibt fadenscheinig. Und es bleibt ein müffelnder Geruch. Ja, Maas ist in Not. Er läßt sich wohl für Natalia Wörner scheiden, das ist teuer. Da bleibt weniger zum Leben nach Abzug für Ex-Frau und zwei Kinder. Das muss man doch verstehen. Oder?
Was kostet so eine Regierung?
Immerhin bekleidet der Minister ein hohes Staatsamt, dafür wird er angemessen alimentiert. Das sind keine Fake News.
Das sollte zum Wohnen reichen, trotz aller außerordentlichen Belastungen. Oder sollte man lockerer mit der Mode gehen? Als Sandwich-Man mit Reklametafel oder Posterboy in eigener Sache: Jeder gibt sich die ihm gemäße Form. Vielleicht hebt Maas demnächst im Deutschen Bundestag den Daumen mit Hilfe eines Plakats von Facebook? Oder verschickt Twitter-Herzchen, wenn ihm sein eigenes Gesetz gefällt? Bandenwerbung im Kabinettssaal? Es erscheint doch alles käuflich. Gerne verweisen wir darauf, dass im vergangenen Jahr das ZDF veröffentlichte, dass Unternehmen und Lobbygruppen bei einer parteieigenen Agentur Der SPD für 3.000 bis 7.000 Euro Termine mit Ministern, Staatssekretären und Funktionären der Sozialdemokraten buchen konnten. So billig war noch keine Bundesregierung zu haben.
Mit von der Partie: Arbeitsministerin Andrea Nahles, Umweltministerin Barbara Hendricks, Ex-Familienministerin Manuela Schwesig, Fraktionschef Thomas Oppermann und Ex-Generalsekretärin und neue Familienministerin Katarina Barley. Und selbstverständlich: Heiko Maas.
Sozialdemokraten seien aber trotzdem nicht käuflich, erklärte damals Parteichef Sigmar Gabriel. Ja wenn das so ist:
Vielleicht erleben wir dann auch bald, wie Angela Merkel wohnt in der Großen Koalition der kleinen Abkassierer, welche Babynahrung bei Außenminister Sigmar Gabriel im Einkaufswagen landet oder welche Sorte Gras Innenminister Thomas de Maizière raucht, ehe er wieder einen seiner gefürchteten Sprüche raushaut. Alles ist möglich, folgt man diesen Vorbildern der SPD.
Ja, das ist ungerecht. Aber ein unangenehmer Geruch legt sich über ein Kabinett, das solche Stückchen durchgehen läßt, und zwar über die gesamte Veranstaltung.
Aber Rücktritt? Sicherlich nicht. Die Zeiten sind längst vorbei, in der eine Opposition da hingelangt hätte. Das könnte ja die zukünftige Koalitionsbildung erschweren.