Der 23. Mai 2005 war die Geburtsstunde der Linken. Einen Tag vorher hatte die SPD die Landtagswahl in Nordrhein-Westfalen haushoch verloren und Kanzler Gerd Schröder (SPD) als Folge davon Neuwahlen des Bundestags angekündigt. Für diesen Bundestag würden PDS und WASG mit einer gemeinsamen Liste antreten, verkündete Oskar Lafontaine einen Tag später. Daraus ging dann letztlich die Partei „Die Linke“ hervor, wie der SED-Nachfolger seitdem heißt.
Heute warten alle auf die Gründung der Partei seiner Frau, Sahra Wagenknecht. Der Wahlsonntag könnte die nächste demütigende Niederlage für die Linken mit sich bringen. Hessen war neben Lafontaines Heimat, dem Saarland, die linke Hochburg unter den westdeutschen Flächenländern. Doch mit diesem Wahlsonntag könnte die Partei auch diese Zuflucht verlieren, der Rauswurf aus dem Landtag droht. Bohrte der ehemalige SPD-Vorsitzende damals mit der Linken seiner alten Partei einen Dolch ins Herz, könnte der ehemalige Vorsitzende der Linken es dieses Mal mit der Oskar-Lafontaine-seine-Frau-Partei machen. Wobei er es wahrscheinlich nicht selbst verkünden würde. Er ist kein Mann mehr für die erste Reihe.
Mit oder ohne Lafontaine und Wagenknecht spielt die Linke am Sonntag nur eine Nebenrolle. Spannender wird das Ergebnis der Freien Wähler. Nach der erfolglosen Kampagne der Süddeutschen Zeitung gegen den stellvertretenden Ministerpräsidenten Bayerns, Hubert Aiwanger, kann die Gruppe ihr Ergebnis an Donau und Isar vermutlich verbessern. Der Sonntag könnte den bundesweiten Durchbruch für die Freien Wähler bringen.
Denn auch in Hessen könnten es die Freien Wähler in den Landtag schaffen. Insa sieht die Freien Wähler schon bei fünf Prozent. Die Forschungsgruppe Wahlen und das Institut Wahlkreisprognose gehen derzeit von vier Prozent aus. In Bayern und Rheinland-Pfalz sind die Freien Wähler bereits in Landtagen vertreten, Hessen wäre das dritte Bundesland. Gelänge ihnen das, würden sie für die EU-Wahlen und Landtagswahlen im Osten im kommenden Jahr Schwung mitnehmen.
Die Ampel ist indes Denkzettel gewohnt: Wirtschaftswissenschaftler stellen der Bundesregierung ein verheerendes Zeugnis aus. Noch weniger schmeichelhaft sind nur die realen Wirtschaftsdaten, für die FDP, SPD und Grüne sorgen. Zwei Wahlniederlagen, wie sie in Hessen und Bayern für die SPD erwartbar sind, werden Kanzler Olaf Scholz (SPD) anders als Schröder aber nicht dazu bewegen, Neuwahlen des Bundestags auszurufen. Er wird dümmlich grinsen und die Watschen der Wähler am Montag schon wieder vergessen haben.
Obwohl eine der beiden zu erwartenden Niederlagen eine von Scholz‘ Ministerinnen beschädigen wird: Innenministerin Nancy Faeser ist angetreten, um sich die einstige SPD-Hochburg Hessen zurückzuholen. Dafür hat sie ihr Amt fleißig eingespannt: etwa mit Razzien, die genau an dem Tag stattfanden, an dem Faeser zu Maischberger eingeladen war. Die derart überprüften Hochverräter warten immer noch auf ihren Prozess. Ist der Bühnennebel abgezogen, bleibt nicht viel von Faesers Politik. Das gilt erst recht für die illegale Einwanderung, die Faeser tatenlos zu der Katastrophe werden lässt, die sich gerade entwickelt. Entsprechend droht die SPD-Kandidatin am Sonntag, das Ergebnis von 2018 zu unterlaufen – obwohl bereits das ein historisches Debakel der SPD in Hessen war. Scholz wird am Montag handeln. Wie immer: sehr viel dümmliches Grinsen und noch konsequenteres Vergessen.
CDU-Chef Friedrich Merz wird am Montag vor der Frage stehen, ob sein Glas halb voll ist oder halb leer. Entsprechend seinem Hang zum Euphemismus wird es so voll wie lange nicht mehr sein. Mit Boris Rhein (CDU) gewinnt in Hessen voraussichtlich jemand, der mit den Grünen koaliert, und mit Markus Söder (CSU) siegt in Bayern jemand, der einer von Merz‘ härtesten Konkurrenten in der Kanzlerkandidatur sein wird. Beide haben sich von Merz mit viel Theaterdonner distanziert, als der öffentlich über den praktischen Umgang mit der „Brandmauer“ gegenüber der AfD auf Kreisebene philosophiert hat. Ein Sieg der beiden wäre für Merz vergiftet – würde ihm aber eine Atempause verschaffen. Wenn auch nur eine kleine.
Die AfD wird voraussichtlich zulegen. Spannend wird zu sehen sein, wie es für sie läuft, wenn es mit den Freien Wählern einen ernstzunehmenden bürgerlichen Mitbewerber gibt. Offen ist auch die Frage, wie sich der Anschlag auf Parteichef Tino Chrupalla im Wahlverhalten auswirken wird. Bliebe noch die FDP. Sie fällt aus diesem Text raus – und vielleicht auch aus den Landtagen in Hessen und Bayern.
TE-Wahlwette Hessen
Ihre Wetten nehmen wir ab sofort entgegen. Unsere Buchmacher öffnen ihre Schalter. Wer über alle genannten Parteien hinweg am nächsten an den Ergebnissen landet, gewinnt.
Annahmeschluss ist der Wahlsonntag (08.10.2023) um 17:35 Uhr. Das Wettergebnis wird bis einschließlich Montag, den 09.10.2023, veröffentlicht. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.
Auf die Gewinner wartet:
1. Platz: eine Flasche Champagner von Roland Tichys Tante Mizzi aus Verzy
2. Platz: zwei Bücher aus dem Shop nach Wahl
3. Platz: ein Buch aus dem Shop nach Wahl
++ Abstimmung geschlossen ++
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