Seit Tagen werden wieder linke bzw. linksradikale Krawalle im Leipziger Stadtteil Connewitz vermeldet. Was ist da los, wenn u.a. die Bild von einem „Bekennerschreiben“ einer „Kiezmiliz“ erzählt, die Connewitz zu einer Art No-Go-Area für die Polizei erklärt, oder wenn es da auf einem linksradikalen Portal heißt: „Bullenschweine raus aus Connewitz.“
Was in Leipzig passiert, erinnert an Zustände wie in der Hamburger Hafenstraße der 1980er Jahre. Der vornehmlich von Linken bewohnte alternative Stadtteil sorgt immer wieder für Schlagzeilen, so auch, als 2016 Rechtsradikale hier ganze Straßenzüge verwüsteten. Die taz schrieb von „Straßenkämpfen“ und von Nazis auch von Auswärts, die mit Äxten Läden an der Wolfgang-Heinze-Straße, der Hauptstraße von Connewitz, auseinandernahmen.
Als am 10. Oktober schon einmal knapp einhundert Vermummte durch Leipzig zogen und randalierten, bis ein Schaden in Millionenhöhe entstanden war, sprach der sozialdemokratische Oberbürgermeister von einem „Terroranschlag“.
Am 27. Oktober brannten dann mehrere Müllcontainer an verschiedenen Orten des Stadtteils. Der Eindruck entstand hier, dass die anrückende Feuerwehr so bewusst herbeigerufen wurde samt Polizeischutz, um die Konfrontation mit diesen Kräften zu suchen.
Der „Polizeiticker“ der Volkszeitung berichtete am Dienstag 11:26 Uhr von einem Bekennerschreiben auf einem linksradikalen Blog, in dem gefordert wird, die Polizeipräsenz im Viertel herunterzufahren. Die CDU-Ratsfraktion hingegen hatte der Stadtspitze schon vergangene Woche vorgeworfen, zu nachsichtig mit Linksradikalen in Leipzig zu sein.
Die Linksradikalen selbst begründen ihre Randale u.a. damit, dass der neue Polizeipräsident Torsten Schulze deutlich „konfrontativer“ agieren würde, als noch sein Vorgänger: „Wir hoffen, dass die Bullen irgendwann verstehen, dass sie in Connewitz unerwünscht sind und es auch in Zukunft keine gute Idee ist, die BewohnerInnen des Viertels durch ihre Präsenz zu belästigen.“
In der polizeilichen Pressemeldung vom 26. 10 heißt es:
„Die Beamten nahmen einen 32-Jährigen fest, der der aus der Menge heraus mit Flaschen geworfen hatte. Weiterhin wurden Personen festgenommen wegen Widerstand gegen Vollstreckungsbeamte, Beleidigungen und dem unerlaubten Besitz von Betäubungsmitteln. Im Laufe der frühen Morgenstunden wurden alle Personen wieder entlassen. (…) Ein Ermittlungsverfahren wegen schweren Landfriedensbruch wurde eingeleitet. In der Folge wird das Polizeiliche Terrorismus-und Abwehrzentrum des Landeskriminalamtes Sachsen die weiteren Ermittlungen übernehmen.“
Der MDR hat sich ganz aktuell des Problemviertels einmal angenommen und sieht als eine Ursache eine Art Gentrifizierungsproblem. Klar, solche Modernisierungs- und Neubaumaßnahmen in alternativen Stadtvierteln kennt man bereits aus Großstädten wie Hamburg und Berlin, wo zunächst über Jahre eine alternative Kunst- und Kulturszene geduldet wird, sich entwickelt kann, den Stadtteil aufwertet, deutlich an Attraktivität gewinnt und so den Boden bereitet für Immobilienspekulationen, die wiederum die linke Kulturszene und linksradikale Vermummte auf den Plan bringen.
Die linke Landtagsabgeordnete Juliane Nagel weiß von Polizeigewalt, so habe es in Plagewitz eine Demonstration gegeben, auf der Teilnehmer riefen, alle Polizisten seien Bastards („All Cops are Bastards“) und wo die Polizei diese Rufe angeblich unrechtmäßig hätte unterbinden wollen. Schließlich sei diese Aussage doch laut der Linkspolitikerin von einem Urteil des Bundesverfassungsgerichtes abgedeckt als Meinungsfreiheit.
Die Anwohner des Viertels protestieren also teilweise auch gewalttätig gegen Beamte gegen eine Gentrifizierung ihres Viertels, weil Spekulanten ihr Wohnviertel „für Touristen und hinzuziehende Besserverdienende noch attraktiver“ machen wollen, was den Randalieren offensichtlich nicht passt.
Und statt Sozialwohnungen würden auf Grünflächen „fast ausschließlich teure Eigentumswohnungen und bewohnbare Kapitalanlagen“ gebaut. Diese Baumaßnahmen allerdings entsprächen nicht Plänen zu so genannten „Milieuschutzgebieten“. Die allerdings hat die Stadtverwaltung bisher noch gar nicht anerkannt.
Aus Sicht der Connewitzer hat sich die Stadt nicht mit Ruhm bekleckert, wenn jetzt Baulücken in Connewitz geschlossen werden, ohne dass zumindest die Möglichkeit bestünde, Sozialwohnungen für Neubauten vorzuschreiben. Auch hätte es die Stadt versäumt, Grundstücke aufzukaufen, im Gegenteil, so berichtet weiter der MDR, wären sogar städtische Liegenschaften verkauft worden.
Aber noch können die Connewitzer hoffen: der Amtsleiter des Amtes für Wohnungsbau und Stadterneuerung lässt gerade prüfen, für welche Leipziger Viertel es eine Milieuschutz-Verordnung geben wird. Dabei ist bisher nicht einmal bekannt geworden, ob Leipzig-Connewitz überhaupt dabei sein wird – und die Randale der letzten Tage, die Übergriffe gegen Beamte, die hier durchaus eine Tradition haben, dürften dafür wenig hilfreich sein.
Um die Sache abschließend noch besser einordnen zu können, soll an einen Gast in der gestrigen Hart-aber-fair-Sendung auf ARD erinnert werden, wo Frank Plasberg die Leipzigerin Clara Ehrenwert eingeladen hatte, die ihre Stadt im Vergleich mit Dresden einmal aus linker Sicht präsentierte, als sie sagte:
„Leipzig ist sicher ein Sonderfall in den fünf neuen Ländern. Leipzig ist schon immer eine sehr offene Stadt gewesen. Und das hat wirklich eine Jahrhunderte alte Geschichte, liegt an der Messe usw. und unterscheidet sich auch total von Dresden (…), hat eine ganz andere Mentalität, ganz andere Kulturgeschichte und ist auch jetzt sozusagen die urbane coole Metropole.“
Tatsächlich finden gutbetuchte und gelangweilte Bürger solche Viertel oft cool und lässig – so cool, dass Immobilienunternehmen hier tätig werden wollen, um diesen Gutsituierten teuren Wohnraum auf der linken Spielwiese zu verkaufen.
Was allerdings cool daran sein soll, Polizisten zu verletzten, Krankenwagen und Feuerwehr massiv zu behindern und eine Art rechtsfreien Raum zu schaffen analog zu solchen, wie es sie im Clanmilieu und rechtsradikalen Milieus schon gibt, sollten einmal die an solchen Luxuswohnungen in innerstädtischen Brennpunkten Interessierten genauer erklären.
Ist es der linksradikale Thrill, der so aufregend ist? Die Melodie der Pflastersteine gegen die Bleche der Polizeiautos, das Prasseln der brennenden Baustellen und der raue All-Cops-are-Bastards-Chor? Eine Revolutionssehnsucht des gelangweilten Establishments willfährig bedient von Linksradikalen in Leipzig-Connewitz?