Die Behörden haben sich offenbar festgelegt: Der Lastkraftwagen, der am gestrigen Abend in Limburg auf acht Fahrzeug auffuhr, diese ineinander schob und dabei fast ein Dutzend Insassen leicht verletzt hatte, wurde von einem Terroristen gesteuert, der das Fahrzeug zuvor in seine Gewalt gebracht hatte. Ein „Terroranschlag“, begangen mutmaßlich von einem polizeibekannten Syrer. Einem Mann also, der in Deutschland Schutz gesucht hatte vor Verfolgung und Krieg im Heimatland.
Die Nachrichtenagentur dpa erfuhr aus Sicherheitskreisen, der Täter sei ein 32-Jähriger, „der seit November 2015 in Deutschland lebt und 2016 einen subsidiären, also eingeschränkten Schutzstatus erhalten hat. Er soll bisher mit Drogendelikten und Gewaltkriminalität aufgefallen sein.“ Nach Informationen des Spiegel lebt er in Langen und hat seit 1. Oktober 2019 keinen gültigen Aufenthaltstitel mehr. Er soll bei der Festnahme „Allah“ gerufen und sich heftig gewehrt haben. 2018 ermittelte die Polizei dem Spiegel zufolge wegen einer Schlägerei mit Familienangehörigen gegen ihn. Außerdem wurde der 32-Jährige bei einer Kontrolle mit 2,9 Gramm Haschisch erwischt. Laut Hessenschau soll der Mann zuvor schon versucht haben, einen weiteren LKW in seine Gewalt zu bringen, bis er mit dem späteren Terrorfahrzeug erfolgreich war.
Das polizeiliche und politische Prozedere läuft nun ab, wie in ähnlichen Fällen gewohnt: Die Polizei macht ihre Arbeit und warnt vor vorschnellen Schlüssen und die Politik ist „in Gedanken bei den verletzten Unfallopfern und deren Familien.“ Jedenfalls spricht der Oberbürgermeister Limburgs noch von „Unfall-“, als er der Öffentlichkeit seine Gedanken mitteilt.
Von Interesse dürfte nun sein, in wie weit der Syrer viel weiter reichende Mordpläne hatte, und welche Veranstaltungen die Fahrtroute des LKW noch erreichte hätte. Ob etwa das Oktoberfest mit seinen Fahrgeschäften ein mögliches Anschlagziel war, wenn es dem Mann darum gegangen wäre, möglichste viele Menschen zu töten bzw. zu verletzen.
Dazu kommt die Frage, die sich die Polizei tatsächlich stellt, ob der mutmaßliche Terrorist einfach nur ein schlechter LKW-Fahrer war und die Kontrolle über das tonnenschwere Fahrzeug verloren hatte, bevor er jene größere Menschenmenge finden konnte, die ja das Ziel solcher Amok- oder Terrorfahrten ist. Die Faktenlage ist bekannt, die Motive sind es bisher noch nicht. Daher bittet die Polizei am Abend zunächst noch um Geduld. Auf Twitter schrieb sie: „Trolle oder wilde Spekulationen braucht niemand.“
Eine viel ältere Frage allerdings dürfte nun mit Limburg beantwortet sein, die man sich nach dem Terroranschlag am Berliner Breitscheidplatz im Dezember 2016 stellte, als der islamistische Terrorist Anis Amri elf Menschen tötete und 55 schwer verletzte: nämlich, ob diese Anschlagsart mit LKW als Mordwaffe Fortsetzung finden würde.