Tichys Einblick
Claudia Roth entkommt dem Skandal

Leipziger Buchmesse: Vertreter des Iranischen Regimes doch noch ausgeladen

Nachdem bekannt wurde, dass bei der Leipziger Buchmesse auch Islamisten mit enger Tuchfühlung zum Iran präsent sein wollen, greift die Messe durch. Der nächste Skandal mit Beteiligung von Kulturstaatsministerin Claudia Roth bleibt damit aus.

IMAGO / Sebastian Willnow

Wieder Diskussion um einen Aussteller bei der Buchmesse! Dabei geht es aber ausnahmsweise mal nicht um eine aufgeblasene Debatte um „rechte Verlage“. Im Zentrum der Aufmerksamkeit steht vielmehr das Islamische Zentrum Hamburg (IZH). Dieses hatte sich für die Leipziger Buchmesse angemeldet, die vom 27. bis zum 30. April stattfindet.

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Das Problem: Das IZH, das Gründungsmitglied im von höchsten politischen Kreisen hofierten Zentralrat der Muslime ist, wird sowohl im Verfassungsschutzbericht des Bundes als auch des Landes Hamburg aufgeführt. Der Bundesverfassungsschutz erklärt in seinem Bericht für das Jahr 2021, das Zentrum sei „neben der Botschaft die wichtigste Vertretung der Islamischen Republik Iran in Deutschland“. Und die unterdrückt bekanntlich nicht nur das eigene Volk, sondern arbeitet auch an der Vernichtung Israels.

Laut Hamburger Behörde gilt der IZH-Leiter „als Vertreter des Revolutionsführers Khamenei in Europa“ und erhält direkte Anweisungen aus dessen Büro. Das Zentrum sei „ein wichtiges Instrument des Teheraner Regimes zur Etablierung einer anti-demokratischen und antisemitischen Ausrichtung des schiitischen Islam“ und strebe den „Export der islamischen Revolution“ an. Das IZH weist die Vorwürfe zurück.

Roth und der Documenta-Skandal
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Zieht man die Verfassungsschutzerkenntnisse aber nicht in Zweifel, so ist davon auszugehen, dass es dem Zentrum darum ging, auch bei der Leipziger Messe seinen Auftrag im Sinne einer ausländischen Macht, der Mullah-Diktatur, auszuführen, wenn auch moderat im Stil. Und das in einer Zeit, in der die von deutscher Seite lange verhätschelte „Islamische Republik“ angesichts des Umgangs mit der Opposition auch hierzulande zunehmend in die Kritik seht.

Dennoch wies die Leipziger Messe dem IZH zunächst einen Stand zu; auf der Website tauchte es im Ausstellerverzeichnis auf. Darauf wies am Montag der Politikberater Aras-Nathan Keul hin, der sich viel dem Nahen Osten beschäftigt. Auf Twitter machte er zudem auf einen weiteren pikanten Aspekt aufmerksam: Die Buchmesse wird vom Bund finanziell gefördert. Nach Messeangaben sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth drei Millionen Euro zu.

Roth kann man nicht vorwerfen, dafür verantwortlich zu sein, dass sich das IZH zur Messe anmelden wollte. Aufgrund der Involvierung des Bundes in die Gesamtveranstaltung hatte der Vorgang aber das Potential, die Staatsministerin nach dem Documenta-Skandal erneut in eine schwierige Lage zu bringen.

Gerade erst hatte ein von ihr in Auftrag gegebenes Gutachten des Berliner Verfassungsrechtlers Christoph Möllers festgestellt, dass der Staat zwar in von ihm geförderte Kultur nicht unmittelbar eingreifen dürfe.

Immer auf der falschen Seite
Es kam aber gleichzeitig zu dem Schluss, dass der Staat verpflichtet sein könne, staatlich geförderte „Kulturinstitutionen grundsätzlich und in spezifischen Konstellationen vor Antisemitismus zu warnen“. Pflichtenbegründend sei zudem „die politische Entscheidung zu einer besonderen Beziehung aus historischer Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland mit dem Staat Israel“.

Das Gutachten befasste sich vor dem Hintergrund der Documenta konkret mit der Kunstfreiheit, dürfte aber mindestens dem Geist, jedenfalls aber dem politischen Sinn nach auf den Fall der Buchmesse übertragbar sein. Wenn das IZH als Arm des iranischen Regimes, das die Vernichtung Israels anstrebt, auf einer staatlich geförderten Buchmesse auftreten will, stellt sich also die Frage, ob Roth die – mindestens politische – Pflicht traf zu intervenieren.

So forderte denn auch der Vorsitzende der Deutsch-Israelischen Gesellschaft, Volker Beck, seine Parteifreundin in einem der Bild vorliegenden Brief dazu auf, auf die Leipziger Messe einzuwirken. Und tatsächlich: Kurz darauf griff die Messe durch. Via Twitter teilte sie am Dienstag mit, man habe entschieden, die Anmeldung des IZH abzulehnen. Zur Begründung verwies die Messe auf die Verfassungsschutzerkenntnisse.

Fragen wirft allerdings auf, dass eine Pressesprecherin noch am Montag gegenüber „t-online“ erklärt hatte, dass man als Unternehmen in öffentlicher Trägerschaft grundgesetzlich gebunden sei. Wenn ein Verlag gegen Recht und Gesetz verstoße, nutze man alle Möglichkeiten, diesen auszuschließen – aber: Beim IZH sei das nicht der Fall.

Woher also der plötzliche Sinneswandel? Auf Nachfrage von Tichys Einblick hieß es am Mittwoch, jede Institution habe die Möglichkeit sich zur Messe anzumelden. Wenn etwa Zweifel an der Treue zum Grundgesetz bestünden, fände eine „Einzelfallprüfung“ statt. Dies könne sich damit überschneiden, dass die Institution formal schon im Ausstellerverzeichnis auftaucht.

Mit Blick auf die vorherige Stellungnahme erklärte die Messe lediglich, solange die Prüfung nicht abgeschlossen gewesen sei, habe man auch nicht von einem Ausschluss sprechen können. Das begründet allerdings nicht, warum die Vertreterin laut „t-online“ feststellte, dass die Bedingungen für einen Ausschluss nicht vorlägen.

Daher liegt die Vermutung nahe, dass erst die Medienberichterstattung, darunter der „Bild“-Artikel, die Entscheidung anstieß – und dass womöglich tatsächlich Roth intervenierte? Letzteres weist die Messe auf Nachfrage zurück: Die Entscheidung sei von der Leipziger Buchmesse getroffen worden und man agiere unabhängig. „Das heißt: Es gab hierzu keinen Austausch mit politischen Akteuren.“

Roths Pressestelle antwortete auf Nachfrage dazu zunächst nicht. Verschiedene Medien zitierten sie aber mit den Worten: „Welche Stände für die Messe zugelassen werden, liegt in der Entscheidung der Veranstalter.“ Eine Organisation, „die offenkundig eng mit dem verbrecherischen Mullah-Regime im Iran verbunden ist“, habe „auf der Leipziger Buchmesse nichts verloren“.

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