Tichys Einblick
Grüne Kanzlerkandidatin

Weitere Aufräumarbeiten in Annalena Baerbocks Lebenslauf

Es geht nicht darum, ob Baerbock nun hier oder dort Mitglied ist oder nur „Unterstützerin“. Auch der Stand der akademischen Bildung wäre für einen poltischen Wahlkampf nicht relevant - hätte Baerbock nicht so energisch versucht, genau als eine solche Absolventin einer Eliteuniversität zu gelten.

picture alliance/dpa | Michael Kappeler

Gerade vergeht kaum ein Tag, an dem nicht neue Ungereimtheiten, die nächste Unstimmigkeit im Lebenslauf der Grünen-Kanzlerkandidatin Annalena Baerbock zum Vorschein kommt. Ein Statement von ihr zu der bereits im zweistelligen Bereich liegenden Fehleranzahl ihres Lebenslaufs bleibt bislang weiterhin aus.

Bei der neuesten Verfehlung geht es um den Zeitraum von 2005 bis 2008, als Baerbock ihrem Lebenslauf zufolge Büroleiterin für die Abgeordnete Elisabeth Schroedter (Grüne) im EU-Parlament gewesen sein soll.

Aus der archivierten Website Schroedters kann man allerdings ablesen, dass dies jedenfalls nicht für den gesamten angegeben Zeitraum der Fall sein konnte.
Es existieren Website-Archive, in denen sie 2005 lediglich als Mitarbeiterin für die Website der Abgeordneten geführt wird. Rechts neben ihrem Bild sieht man die Büroleiterin, Antje von Broock. Antje von Broock ist aktuell die Geschäftsführerin für den Bereich Politik und Kommunikation der BUND e.V.

Antje von Broock hörte erst Ende 2006 als Büroleiterin Schroedters auf, was bedeutet, dass Baerbock allerhöchstens von Ende 2006 bis 2008 und nicht wie in ihrem Lebenslauf angegeben, von 2005 bis 2008, Büroleitern gewesen sein kann. Die Frage ist auch, welches der drei Büros sie geleitet haben soll – das Hauptbüro in Brüssel oder die Wahlkampfbüros in Potsdam bzw. das in Berlin. In einem späteren Archive der Website heißt es, Baerbock leitete die Büros in Berlin und Potsdam.

Einst sagte Baerbock, dass “Ehrlichkeit eine Grundtugend für sie sei”, diese Aussage scheint wohl genauso dahingesagt zu sein wie die Angaben in ihrem Lebenslauf.

Man stellt sich inzwischen unweigerlich die Frage: Was an ihr ist überhaupt noch aufrichtig und integer?

Alleine am Freitag wurden nach Nachfragen des FAZ-Journalisten Philip Plickert mit den Angaben aufgeräumt, sie wäre im Transatlantik-Beirat der Heinrich-Böll-Stiftung, Mitglied des UNHRC und der Angabe sie sei Mitglied des “German Marshall Funds” gewesen. Zuvor kamen bereits ihre falschen Angaben zu ihrer akademischen Karriere ans Licht.

— Philip Plickert (@PhilipPlickert) June 4, 2021

Es geht übrigens nicht darum, ob Baerbock nun hier oder dort Mitglied ist oder nur „Unterstützerin“. Und auch der Stand der akademischen Bildung wäre für einen poltischen Wahlkampf nicht relevant – hätte Baerbock nicht so energisch versucht, genau als eine solche Absolventin einer Eliteuniversität zu gelten, was sie schlichtweg nicht ist. Sie hat ein Vordiplom in Politikwissenschaft in Hamburg und ein einjährigen Abschluss, an der London School of Economics, der als gelinde gesagt nicht gerade schwer zu bestehen gilt.

Baerbock, die bis jetzt eher im Hintergrund in Parteigremien Politik gemacht hat, scheint nun dem öffentlichen Wahlkampf nicht standzuhalten. Ihr aufgehübschter und ausstaffierter Lebenslauf, die Nebeneinkünfte-Affäre – schon jetzt reihen sich die Skandale nahtlos aneinander, dabei sind wir noch gar nicht in der heißesten Phase des Wahlkampfes angekommen.

Doch der Aufschrei in den öffentlich-rechtlichen Medien und beim Spiegel, der scheinbar wenig unversucht lässt, um den grünen-Wunschtraum von Kanzlerin Baerbock wahr werden zu lassen, fällt erwartbar klein aus. Der Spiegel titelte dazu “Baerbock präzisiert Angaben zu Mitgliedschaften in Organisationen”.

Screenprint: spiegel.de

Kaum ein Unterschied im Wording des grünen Wahlkampfsprechers Andreas Kappler.

Ein Redakteur beim Spiegel nannte das Nachhaken in dem Lebenslauf von Baerbock “faul”. Außerdem würden die Ergebnisse den Grünen nicht wehtun und nur für Likes aus der “rechten Blase” sorgen.

Man müsste sich nur einmal vorstellen, was gerade beim Spiegel los wäre, wenn ein Kanzlerkandidat aus dem bürgerlichen Feld, sich solch massive Ungenauigkeiten und Fehler in seinem Lebenslauf geleistet hätte.


Jerome May


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