Sichtlich angeschlagen sitzt Karl Lauterbach am Dienstagabend bei Markus Lanz und versucht zu erklären, was nicht mehr zu erklären ist. Nach langer und ausführlicher Debatte hatte sich sein Ministerium mit den Bundesländern darauf geeinigt, die Quarantänepflicht ab Mai fallen zu lassen. Diese berechtigte Kapitulation vor der Realität hat den simplen Hintergrund, dass die Gesundheitsämter soweit hinterher sind, dass die meisten ihren Quarantänebescheid erst dann kriegen, wenn ihre Quarantäne bereits vorbei ist. De facto findet also keine Ordnung statt – dann kann man auch aufhören, eine sinnlose Fassade aufrechtzuerhalten.
Lauterbach sitzt auf einmal in der Falle. Denn Politik ist mehr als Talkshow-Gast sein. Seine Partei steht nicht hinter ihm, die Bundesländer haben genug von seinen Tricks, und dem von ihm maßgeblich radikalisierten NoCovid-Lager kann es nie radikal genug sein. Als der Minister nur Talkshow-„Experte“ war, konnte er sich problemlos durchschlängeln – jetzt hat er sich heillos verheddert.
Auch ansonsten läuft es alles andere als gut: Die von ihm so vehement geforderte Impfpflicht droht ins Leere zu laufen. Selbst der von ihm unterstützte Antrag sieht den Impfzwang nur noch für über 60-Jährige vor – und eine Mehrheit hat der Antrag, einen Tag vor der Abstimmung, auch noch nicht. Es wäre ohnehin nur ein fauler Kompromiss, Ergebnis eines Kuhhandels befreit von sachlicher Grundlage.
Selbstüberhöhung und Niederlagen, Ohnmacht und Größenwahn: Lauterbach strauchelt. Und sein zentrales Vorhaben – die Impfpflicht – droht auf Sand zu laufen. Nach mühsamer Kompromissfindung mit der kleinen Gruppe der Anhänger einer Impfpflicht ab 50 Jahren stellt die CDU sich weiter quer. Zunächst meldet der Spiegel, die CDU sei bereit zu Gesprächen, diese dementiert das kurze Zeit später aber wieder.
Es bleibt chaotisch. Lauterbachs Liste seiner Fehler im Amt ist nach 120 Tagen aber bereits in einer Länge, die für einen Rücktritt ausreicht. Und seine Position schmilzt literweise dahin.