Tichys Einblick
Ein Offenbarungseid nach dem anderen

Lauterbach in Bundespressekonferenz: Rechte von Genesenen spielen „gar keine Rolle“

In der Bundespressekonferenz werden RKI-Chef Wieler und Gesundheitsminister Lauterbach mit ihrer umstrittenen Verkürzung des Genesenenstatus konfrontiert. Anstatt Klarheit zu schaffen, redet der Minister sich weiter um Kopf und Kragen.

IMAGO / Chris Emil Janßen

„Herr Wieler hat nicht eigenmächtig gehandelt“, stellt Karl Lauterbach klar. Die beiden Herren informieren in der Bundespressekonferenz über die Corona-Lage: Doch eine Journalistin will über das sprechen, was jetzt schon einer der größten politischen Skandale des Jahres ist – die hochumstrittene Verkürzung des Genesenenstatus auf drei Monate über Nacht. Auf die Frage hin, ob das RKI eigenmächtig gehandelt habe, nimmt Lauterbach Dr. Wieler in Schutz. „Das Kommunikationsproblem lag darin, dass ich nicht informiert war. Das ist alles, was dazu zu sagen ist“, teilt der Minister knapp mit. Er sei schlicht in Unkenntnis darüber gewesen, dass die Änderung noch am Tage seiner Rede im Bundesrat in Kraft treten sollte.

Es ist das Eingeständnis, dass er sein Ministerium nicht angemessen führt. Selbstverständlich gehört es zu der Organisationsverantwortung eines Ministers, über Entscheidungen der nachgeordneten Behörden informiert zu sein. Lauterbach gesteht damit ein, dass er ein Talkshow-Held ist, der seinen Laden nicht im Griff hat. Die übliche Konsequenz wäre die sofortige Entlassung eines unverantwortlich handelnden, weil uninformierten Ministers. Doch in Berlin gelten längst die Paten-Regeln: Ein einmal errungener Sessel wird auch bei einem derart gravierenden Fehler nicht geräumt.

Keine Außenwahrnehmung

Einen „Sturm der Entrüstung“ über die Entscheidung will er nicht wahrgenommen haben. „Denn diejenigen, die genesen sind, sind sehr häufig auch bereits geimpft.“ Die Betroffenen der Genesenenstatus-Änderung charakterisiert Lauterbach stattdessen als kleine, skurrile Minderheit: „Nun lassen Sie uns gemeinsam mal darüber nachdenken, wie klein diese Gruppe ist“ – eine Gruppe, mit der er „jeden Tag Probleme“ habe. „Das sind zum Teil Leute, die sagen: Covid gibt es gar nicht.“ So charakterisiert Karl Lauterbach die Menschen, die aufgrund einer Genesung auf eine Impfung verzichten: als wirre Verschwörungstheoretiker. An die Journalistin gewandt schließt er die Beantwortung mit diesen entlarvenden Worten: Sie solle sich in Erinnerung rufen, wie klein diese Gruppe sei, belehrt er die Journalistin – deren Rechte würden doch eigentlich „gar keine Rolle“ spielen.

Mit anderen Worten: Rund ein Drittel der Bevölkerung ist nicht geimpft, und es werden wegen des Verfallsdatums älterer Impfungen täglich mehr oder, weil ihnen ihr Status wie im Fall der Johnson&Johnson-Impfung oder bei Genesenen einfach aberkannt wird. Es ist ein seltsames Staatsverständnis – während sonst jede Minderheit gepäppelt wird, spielt ein großer Teil der kritischen Bevölkerung „keine Rolle“.

Lauterbachs Ausführungen, wie es denn zum „Kommunikationsproblem“ rund um den Genesenenstatus kam, wirken unglaubwürdig genug: Redet wirklich niemand mit dem Minister über elementare Grundrechtsfragen? Andererseits: Wieso sollte jemand? Offenbar scheinen Lauterbach die Grundrechte von Genesenen ohnehin egal zu sein – sind sie für den SPD-Politiker ja ohnehin nur eine „kleine Gruppe“, deren Rechte „keine Rolle“ spielen.

Mit jedem Tag scheint Karl Lauterbach erneut beweisen zu wollen, wie ungeeignet er für das Amt des Bundesgesundheitsministers ist.

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