Es ist ein bemerkenswertes Interview beim Heute Journal des ZDF. Ohne jede Vorankündigung stellt Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach Hilfe für die Geschädigten der COVID-19-Impfung in Aussicht. Diese Schicksale seien „absolut bestürzend“, die Menschen täten ihm „sehr Leid“, da einige Schäden permanent seien. Die Krankenkassen übernähmen die Kosten. Problematisch sei, dass es noch keine Medikamente zur Behandlung gäbe, daran würde noch geforscht.
Deswegen fordert der Gesundheitsminister: es müsse zu einer schnelleren Anerkennung von Impfschäden kommen. Er betont, die Zahl der Geschädigten sei vergleichsweise niedrig. Sie betrage weniger als 1 zu 10.000. Doch dann stellt der ZDF-Moderator Lauterbach jene Frage, die wohl auch den meisten Zuschauern unter den Nägeln brennt. Bislang seien Nebenwirkungen für Lauterbach so gut wie kein Thema gewesen. Im Gegenteil: im Sommer 2021 habe Lauterbach noch behauptet, die Impfung sei nebenwirkungsfrei. Lauterbachs bezeichnende Antwort:
„Das war eine Übertreibung, die ich da einmal in einem missglückten Tweet gemacht habe. Aber es war ja nicht grundsätzlich meine Haltung. Ich hatte ja sehr, sehr häufig zu den Nebenwirkungen der Impfung Stellung genommen.“
Lauterbach beschwichtigt: 1 zu 10.000. Und es sei eine Impfung, die vor einer sehr schweren Krankheit schütze und das Risiko senkt, am Post-Covid-Syndrom zu erkranken. Auf die Frage nach Klagen und Prozessen wegen Impfschäden räumt Lauterbach ein, dass wegen des Haftungsausschlusses der Pharmaunternehmen der Staat dafür geradestehen müsse. Es wäre ja auch besser, wenn der Staat hafte, als langwierige Prozesse mit Konzernen führen zu müssen.
Die Hoffnung besteht nun, dass die Pharmaindustrie eine Stiftung ins Leben rufen könnte, um doch noch ihren Anteil für die Geschädigten zu zahlen. Die Gewinne seien „exorbitant“ gewesen, sagt der Minister, die finanzielle Unterstützung sei „mehr als eine gute Geste“.
Aber halt: bricht hier das nächste Narrativ? Hieß es nicht einmal, dass die Pharmaunternehmen mit der Impfung gegen Corona so gut wie keine Profite erzielten?
Doch dieses Resümee wagt noch keiner zu ziehen.
Drei Dinge fallen beim Interview unter den Tisch. Denn Lauterbach hat nicht nur die Impfung empfohlen oder sie immer wieder als nebenwirkungsfrei oder so gut wie nebenwirkungsfrei dargestellt. Dass noch vor einem Jahr eine Impfpflicht im Bundestag beschlossen werden sollte, deren eifrigster Unterstützer der Bundesgesundheitsminister war, scheint keine Rolle mehr zu spielen. Wenn Lauterbach angeblich um die Nebenwirkungen wusste – wieso wollte er dann ausgerechnet diese Impfung zur Pflicht machen?
Zweitens: Lauterbach behauptet, er sei in die Verträge, die die EU-Kommission und die Bundesregierung unterzeichnet hätte, „hereingewachsen“. Er nimmt also die Vorgängerregierung und seinen Amtsvorgänger Jens Spahn in die Pflicht. Es war allerdings Lauterbach, der nach dem Amtsantritt der Ampel-Koalition neuen Impfstoff bestellte. Europäische Nachbarländer haben Bestellungen in solchem Ausmaß nicht mehr getätigt während Lauterbach postulierte, auf Nummer sicher zu gehen. Also mehr von dem unheilvollen Stoff, obwohl es Lauterbach besser wusste?
Bis zuletzt hielt die Bundesregierung auch an ihrer Impfkampagne fest. Indes andere Regierungen das Ende der Pandemie verkündeten, investierte Deutschland neuerlich in Werbung, die den Schutz der Impfung betonte. Unvergessen auch der Auftritt Lauterbachs mit der ehemaligen Spiegel-Kolumnistin Margarethe Stokowski. Ihr Auftritt sollte die Gefährlichkeit des Post-Covid-Syndroms unterstreichen. Während Lauterbach nach abschreckenden Beispielen suchte, erhielt der Bundesbürger so gut wie keine Information über die Nebenwirkungen in derselben Kampagne.
Nicht nur deswegen ist Skepsis an der gesundheitspolitischen Zeitenwende angebracht. Lauterbach steht seit Sonntag unter Druck. Die Welt hat einen Artikel veröffentlicht, der Lauterbach stark belastet. Die Zeitung wirft ihm vor, in den 1990er Jahren für eine Bewerbung seinen Lebenslauf frisiert zu haben. Darunter ein wissenschaftliches Gesundheitsprojekt, mit dem sich Lauterbach brüstet, aber das nie zustande kam. Vermeintliche Geldbeschaffungen, die nie erfolgten. Die vermeintliche Förderung vonseiten einer Stiftung für ein Buchprojekt, dass Lauterbach nie beendete.
Der Artikel erschien am Sonntag. Just am selben Sonntag, an dem Lauterbach an die Öffentlichkeit tritt, die Nebenwirkungen der Impfung betont, Äußerungen als „missglückt“ bezeichnet und von seinem Versuch, Millionen Bundesbürger mit eben jener Dosis zwangszuimpfen, ablenkt. Offenbar ist das Statement im ZDF ein Befreiungsmanöver. Dabei wäre die einzige Befreiung, die es im Falle von Lauterbach bräuchte, die von seinem Amt.