Tichys Einblick
Wahlen Hessen und Bayern

Die Ampel in der Krise – aber nicht nur die

Die Bundesregierung ist in einer Krise. Das sagen die Zahlen der Landtagswahlen in Hessen und Bayern eindeutig. Aber es ist mehr als eine Krise der Ampel.

IMAGO / Political-Moments

Erinnert sich noch wer an den Deutschlandpakt? Einen Monat ist es her, dass Olaf Scholz (SPD) den verkündete. Die Ampel werde mit der Union und den Ländern zusammenarbeiten, um die Wirtschaftskrise in Deutschland zu meistern. Die Medien haben groß darüber berichtet. Und was ist seitdem passiert? Nichts. Gar nichts. Der Kanzler verkündet etwas im Bundestag, die Medien tragen es millionenfach ins Land – und dann passiert gar nichts. Ein nichtssagendes Wort, das schneller verflogen ist als ein Furz im Fahrstuhl.

Die Bundesregierung ist in einer Krise. Das sagen die Zahlen der Landtagswahlen in Hessen und Bayern eindeutig. Aber es ist mehr als eine Krise der Ampel. Es ist eine Krise der Kartellparteien, eine Krise der Allparteienkoalition, die sich im Februar 2020 ankündigte, als Kanzlerin Angela Merkel (CDU) die Aufhebung der Wahl von Thomas Kemmerich (FDP) in Thüringen befohlen hat – und die dann Deutschland durch die „Pandemie“ geführt hat.

Landtagswahl Bayern:
Markus Söder gewinnt das halbleere Glas
Diese Allparteienkoalition hat eine „Brandmauer“ gegen die AfD aufgebaut. Die Kartellparteien arbeiten mit der AfD nicht zusammen. Sie verhindern deren Kandidaten als Vizepräsidenten in den Parlamenten – obwohl ihnen diese Ämter zustehen würden. Sie verweigern der Erasmus-Stiftung Geld, von dem das Verfassungsgericht geurteilt hat, dass die AfD-nahe Stiftung ein Recht darauf hat. Und wer auch nur auf selbstverständliche Prozesse im Zusammenhang mit einem AfD-Landrat hinweist, wie CDU-Chef Friedrich Merz es getan hat, wird vom Parteienkartell in Politik und Medien massiv abgestraft.

Diese AfD ist nun laut ersten Umfragen in Hessen und Bayern die zweistärkste Partei. Diese beiden westdeutschen Bundesländer erwirtschaften zusammen mehr als ein Viertel des deutschen Wohlstands. Im Osten ist die Partei auf dem Weg, zur stärksten Partei zu werden. Eine Politik der „Brandmauer“, die sogar Urteile des höchsten deutschen Gerichts ignoriert, wird vor dem Hintergrund immer fragwürdiger.

In Bayern kommt die Regierungskoalition laut der ZDF-Prognose zusammen auf 27,5 Prozent. Damit wäre dort die Ampel nicht mal zusammen die stärkste Partei – mit Abstand nicht. In Hessen kommt die Ampel demnach auf 35,5 Prozent. Das Land war mal eine Hochburg der SPD – Kassel ist das immer noch. Die FDP kam in Hessen 1950 sogar auf 31,8 Prozent und die Grünen, so wie sie heute sind, wurden von Joschka Fischer und Konsorten in Frankfurt erdacht. Hessen ist eigentlich ein dankbares Pflaster für SPD, Grüne und FDP – und zusammen kommen sie in der Prognose nur noch auf 35,5 Prozent.

Aber dieser Abend ist nicht nur einer der üblichen Konjunktur. A la: Verliert die Regierung, gewinnt die Opposition. In Hessen hat Boris Rheins CDU zwar deutlich zugelegt, aber in Bayern die CSU eben nicht. Die astronomischen Ergebnisse in Oberbayern haben Helmut Kohl und Angela Merkel in schwierigen Momenten im Amt gehalten – jetzt ist die CSU in Bayern so schlecht wie seit 1950 nicht mehr.

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Es ist die Idee der Allparteienkoalition – geschmiedet gegen die AfD, „bewährt“ in der „Pandemie“ – die in der Krise ist. Boris Rhein kam erst ins Amt, als Corona gefühlt vorbei war. Markus Söder hingegen hatte sich selbst zum „Team Vorsicht“ ernannt. Obendrein hat er den Ausstieg zur Kernkraft mit der Drohung erpresst, dass er sonst zurücktreten werde. Söder ist jemand, den die Wähler eindeutig dem Parteienkartell zuordnen.

Söder ist ein Wendehals. Dass der Wind sich gedreht hat, das hat der bayerische Ministerpräsident als Erster gemerkt. Er hat noch versucht, ins Team Öffnung zu wechseln – sich wieder als Befürworter und Förderer der Kernkraft auszugeben. Das glauben ihm noch genug Leute, um Ministerpräsident in Bayern bleiben zu können. Doch so wenige, dass er das schlechteste Ergebnis der CSU seit 1950 geholt hat.

Die AfD wird in wichtigen westdeutschen Ländern zur zweiten Kraft, im Osten zur stärksten Kraft. Gleichzeitig steht eine neue Partei davor, sich zu etablieren. Die Freien Wähler haben in Bayern ihre Regierungsbeteiligung verteidigt. Zumindest nominell. Es sei denn, Wendehals Söder legt den nächsten Twist hin und wechselt die Freien Wähler als Koalitionspartner gegen die Grünen aus. In Hessen sind sie gescheitert. Zu spät deutete sich den Wählern an, dass es über die Fünf-Prozent-Hürde gehen könnte. Bei der EU-Wahl gibt es die nicht. Mit einem guten
Ergebnis könnten sie mit Rückenwind in die ostdeutschen Landtagswahlen gehen.

Eine Partei stirbt indes gerade. Die Linke scheidet aus dem hessischen Landtag aus. Das war das letzte westdeutsche Flächenland, in dem sie vertreten war. In Bayern ist sie derart abgeschlagen, dass das ZDF sie mittlerweile unter Sonstige laufen lässt. Freunde von Sahra Wagenknecht haben bereits den Verein „BSW“ gegründet – die Gründung der Wagenknecht-Partei ist nur noch eine Frage der Zeit. Das wäre das Ende der Linken.

Die Todesursache der Linken: Der Spagat zwischen Antifa-Allüren und Allparteienkoalition im Alltag hat die Partei zerrissen. Weggefegt wird sie von einer Partei, deren Chefin eine Kritikerin dieses Systems ist. Die CDU kann sich mit dem Sieg Boris Rheins trösten. Die Ampel kann sich noch zwei Jahre an ihre Mehrheit im Bundestag kleben. Doch ihr Modell“ ist in der Krise.

Diese Krise erledigt sich nicht durch eine „Brandmauer“. Schon gar nicht durch PR-Gags a la „Deutschlandpakt“, die nach einem Tag verflogen sind. Diese Krise löst sich nur durch das genaue Gegenteil solcher PR-Gags: durch Sacharbeit. Durch eine Politik, die nicht wie beim „Selbstbestimmungsgesetz“ erst Probleme schafft, um die dann lösen zu können. Sondern eine Politik, die echte Probleme angeht und löst. Allen voran: Ampel und Union müssen den wirtschaftlichen Niedergang abwenden; die massenhafte illegale Einwanderung stoppen und wieder für Rechtssicherheit sorgen, in der die Polizei da ist, um Vandalismus und Verkehrsstörungen zu verhindern – und nicht, um diese abzusichern.

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