Tichys Einblick
Migrationskrise im Mittelmeer

Über 100 Boote auf dem Weg nach Lampedusa

Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa werden in den nächsten Tagen wieder massive Anlandungen von weit über 100 Booten mit Migranten aus dem südlichen Afrika erwartet. Rom denkt indes über die Wiederbelebung der Operation „Sophia“ nach.

IMAGO / LaPresse

Auf der italienischen Mittelmeerinsel Lampedusa werden in den nächsten Tagen wieder massive Anlandungen von weit über 100 Booten mit Migranten aus dem südlichen Afrika erwartet. Wie TE erfuhr, sind wieder 12 bis 16 Mutter-Schiffe sogenannter Seenotretter auf der Anfahrt auf die italienische Küste. Mindestens 10 gehören deutschen Organisationen und werden von den beiden Kirchen sowie der Bundesregierung mitfinanziert. Wie der italienische Infrastrukturminister Matteo Salvini erklärt hat, ist davon auszugehen, dass von diesen Schiffen aus die relativ kleinen Boote zu Wasser gelassen und bemannt werden.

Sie haben in den vergangenen beiden Tagen im landnahen Seegebiet vor Libyen und Tunesien Migranten hauptsächlich aus der Subsahara-Region aufgenommen. Jetzt steuern sie wieder Lampedusa an. Es handelt sich offenbar um eine koordinierte und konzertierte Aktion, mit der man auch vermeiden will, dass einzelne Schiffe von der italienischen Küstenwache aufgebracht und umgeleitet werden. Deshalb werden die letzten Seemeilen in Booten zurückgelegt, während die Großschiffe für die nächste Tour umkehren.

Anfang der vergangenen Woche kamen innerhalb eines Tages etwa 7.000 Migranten aus Libyen an und sorgten für eine völlige Überfüllung der Insel, auf der normalerweise 6000 Einwohner leben. Der Notstand wurde ausgerufen. Am vergangenen Wochenende besuchten die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni und EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen die Insel.

Der sogenannte Hotspot, die Aufnahmestelle, war schon wieder weitgehend geleert, die Migranten wurden mit Schiffen von Polizei und Marine auf das italienische Festland gebracht. Dort sind sie mittlerweile unter anderem in Städten wie Bologna angekommen und werden in Deutschland erwartet.

Währenddessen hat Unternehmer Elon Musk auf Twitter einem Nutzer geantwortet: „Die Soros-Organisation scheint nichts weniger als die Zerstörung der westlichen Zivilisation zu wollen.“ Der ungarische Premierminister Viktor Orbán hatte gesagt, dass diese Invasion von Menschenrechtsaktivisten angeführt werde, die den Nationalstaat schwächen wollten. Das Gesicht dieses Aktivistennetzwerks sei George Soros. Orbán kritisierte jene Schlepper und NGOs, die mit Migranten viel Geld verdienten.

Derweil haben mehrere Vertreter der Regierung von Ministerpräsidentin Giorgia Meloni den Gedanken geäußert, im Vorlauf für eine mögliche Seeblockade die Operation „Sophia“ wiederzubeleben. Neben Meloni wiesen auch Salvini und der Innenminister Matteo Piantedosi auf diese Option hin.

„Sophia“ war eine multinationale Militärmission, bei der auch Deutschland mitwirkte. Die Neuauflage soll eine Seeblockade vorbereiten. Ihre Ziele waren die Registrierung und Bekämpfung von Menschenhandel, Such- und Rettungsaktionen auf See sowie die Zerstörung von Schmuggelschiffen und Schmugglerausrüstung. Sie ist nicht mit der Seenotrettungsmission „Mare Nostrum“ zu verwechseln. Eine solche Mission müsste von der EU abgesegnet werden.

Weil die EU im Jahr 2019 nicht den Forderungen Italiens nach einer Verschärfung der Mission nachkam, ließ Brüssel diese im Jahr 2020 auslaufen. Der damalige Innenminister Salvini hatte kritisiert, dass der Einsatz von Marineschiffen als Pull-Faktor für Schlepper wirken könnte.

Piantedosi musste jedoch einräumen, dass zur Umsetzung ein Abkommen mit Tunesien erforderlich sei, wenn es um die Bekämpfung der Menschenhändler ging. Zudem bedarf es der Einstimmigkeit aller 27 EU-Mitgliedsstaaten, was zu einer deutlichen Verzögerung des Beginns einer solchen Operation bedeuten würde.

Frankreich hatte sich am Wochenende für eine solche Mission offen gezeigt, jedoch zugleich betont, keine Migranten aus Lampedusa aufzunehmen. Innenminister Gérald Darmanin bot Italien jedoch an, bei der Rückführung von Migranten in Länder zu helfen, mit denen Paris gute diplomatische Beziehungen pflege. Der Innenminister sagte, 60 Prozent der in Lampedusa angekommenen Menschen seien französischsprachig.

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