Wenn Markus Söder und Sebastian Kurz Einigkeit demonstrieren, befürchtet der EU-Kommissionspräsident, würden diese bilateralen Gespräche einen „Domino-Effekt nationaler Alleingänge“ auslösen. Angela Merkel reagiert und bittet Jean-Claude Juncker um einen Krisengipfel in Brüssel. Die Deutsche will also Kraft ihres Amtes mit dem Bayer und dem Österreicher in Konkurrenz gehen um das bessere bilaterale Abkommen?
O-Ton Heute Journal, während der bayrische Ministerpräsidenten Markus Söder zu Gast bei Bundeskanzler Sebastian Kurz gezeigt wird: „Beim österreichischen Bundeskanzler klingt es fast nach Vorfreude, als warte Österreich nur darauf, dass Flüchtlinge an der deutschen Grenze zurückgewiesen werden um dann selbst nachzuziehen.“
Söder hatte zuvor die Kanzlerin und ihre bilateralen Gespräche mit Emmanuel Macron scharf kritisiert und kommentiert: „Die Stabilität der Währung und die Frage der Flüchtlingspolitik sind zwei verschiedene Dinge. Die dürfen nicht in unzulässiger Weise miteinander vermengt werden.“
„Was für uns ganz klar ist, das wir hier mit totaler Entschlossenheit am Brenner oder auch an anderen Grenzen vorgehen werden, sollte es dazu kommen. Der Innenminister ist auch gerade dabei, alles vorzubereiten, dass wir für diesen Fall gerüstet sind.“, erklärt Kurz den Journalisten auf die Frage, wie Österreich reagieren würde, sollte Bayern demnächst Flüchtlinge abweisen. Mit anderen Worten: Der Bundeskanzler Österreichs gewährt dem Ministerpräsidenten Bayerns offizielle Amtshilfe, sollte der Fall der Fälle eintreten.
Das Ziel dieses Sondergipfels? Kennt das Heute Journal auch schon: Es ginge um „zwischenstaatliche Vereinbarungen, um die Weiterreise von Asylsuchenden in Nachbarländer zu unterbinden.“ Also keine gesamteuropäische Lösung, „aber schon eine Einigung einzelner EU-Länder scheint unmöglich“, ergänzt Heute Journal, während noch kurz zuvor Söder und Kurz in großer Eintracht gezeigt wurden – eindrucksvoll demonstrierend, dass es sehr wohl möglich ist. Jedenfalls dann, wenn Angela Merkel nicht unmittelbar am Einigungsprozess beteiligt ist.
Während die deutsche Bundeskanzlerin nach Jahren des Nichtstuns und Nichtswollens in der Zuwanderungsbegrenzung nun in wenigen Tagen eiligst besagte bilaterale Einigungen erzielen will – mutmaßlich mit der Euro-Puderdose – schreiten Söder und Kurz voran. Und dieser Vorsprung wird sofort zum dermaßen drückenden Stachel im Fleisch der hochrot alarmierten EU-Bürokraten, die nichts mehr zu fürchten scheinen, als dass die fest installierte und fleißig rotierende Zitronenpresse unter Deutschland gefährlich ins Schlingern gerät.
Finaler Merksatz: Wenn bilaterale Vereinbarungen nicht unter der Ägide der EU und Ihrer deutschen Patin Angela Merkel zustande kommen, wenn andere aktiv werden und damit bilateral und sogar multilateral drohen erfolgreich sein zu können, dann stigmatisiert der EU-Kommissionspräsident so etwas zum „Domino-Effekt nationaler Alleingänge“ – und Angela Merkel bittet in Brüssel zum Krisengipfel. Na und?