Kein Wunder, dass die Kanzlerin in Washington bewundert und gefeiert wird. Geeez! ¬– she can! Wie eine Dompteuse steht sie in der Arena und lässt ihre Parlamentarier durch wechselnde Feuerringe springen: Völkerwanderung, Eurokrise – und nun also Kriegseintritt.
Auf’s Neue mühen sich unsere Propaganda-Kompanien beflissen, irgendeine Art von Logik in das abgekartete Spiel zu bringen. Schlagworte: Krieg gegen den IS. Frankreich hat um Hilfe ersucht. Wir schicken ja nur Aufklärungstornados und ein paar Schiffe, um den Flugzeugträger Charles de Gaulle zu schützen.
Das freihändig formulierende Führungspersonal macht’s den Hofschreibern nicht gerade leichter. „Auf gar keinen Fall“ mit Assad kooperieren, verspricht Verteidigungsministerin von der Leyen. Was das Bomben ohne Bodentruppen allerdings bewirken soll, weiß sie wohl selber nicht.
Damals, in Afghanistan war es unter Androhung des Liebesentzugs der Kanzlerin, noch verboten, das Wort „Krieg“ zu verwenden. Friedensmission, Aufbauhilfe, Autobahnbau, Mädchenschulen – was ihr wollt, nur nicht das K-Wort.
Und jetzt schnell in den Krieg. Aber seit wann führt man Krieg gegen Ali Baba und seine 40.000 Mörder? Man bringt sie zur Strecke, schaltet sie aus, Kriege führen Nationen, nicht Banden.
Seit wann braucht ein bis an die Zähne bewaffneter Flugzeugträger „unseren“ Schutz?
Und seit wann braucht die US-Army, die vom Joystick in Florida ihre Targets auf dem gesamten Globus erledigt, „unsere“ Aufklärung? Was, um Himmels Willen, will die Army von der Laien-Truppe, deren Gerätschaft sich dazu noch in beklagenswertem Zustand befindet.
Soll der deutsche Schäferhund, der in Afghanistan brav apportiert, nun in Syrien bei Fuß gehen lernen?
Russland ist das Thema
Man kann unmöglich so blöd sein, dass man nicht merkt, die Sache stinkt. Zunächst bomben die Amerikaner ein bisschen in Syrien herum (Nein, das ist nicht flapsig! Im Jugoslawien“krieg“ haben die Natoländer 37.000 Einsätze in 78 Tagen geflogen, gegen den IS flog die AirForce gerade 1.919 Kampf-Einsätze in sechs Monaten!). Trotz Hightech-Waffen haben sie augenscheinlich nicht einen Toyota-Pickup getroffen in der Zeit, und erst recht keinen Öl-Schmuggel-Tanklaster. Nun soll’s Angie richten? Dass ich nicht lache!
Es geht eben auch und gerade um Russland, das ist so sicher wie das Amen in der Kirche! Denn erst seit Putins Truppen den IS aufmischen und Assad stärkten, ist das Engagement der üblichen Verdächtigen sprunghaft gestiegen. Hollande spielt La Grande Nation, Cameron spielt Empire. Nein, nein, werden manche sagen, das ist die Rache für Paris. Nun, sehen Sie, das macht´s den Berichterstattern am Hof so schwer: Wegen der Flüchtlinge ist ja Staatsdoktrin, dass die Terroristen aus Belgien und Frankreich kommen, und eben nicht aus Syrien. Logik schlägt Purzelbäume, und kaum jemand hinterfragt das undurchsichtige Spiel und seine Regeln. Und jetzt spielt Deutschland mit. Top, der Einsatz gilt.
Die Chancen stehen nicht schlecht für die Bellizisten. Wenn erst einmal „der Westen“ aufmarschiert ist, jetzt auch durch uns treue Hiwis ergänzt, braucht’s nur noch den Funken. Erdogan wird es sicherlich gerne nochmal versuchen, ein gewaltiges Feuerchen zu entzünden. Ob Russland, das bisher schimpfte, aber bemerkenswert souverän reagierte, beim nächsten Angriff der Türken ebenfalls stillhält? Und schon hätten wir den „Bündnisfall“ der Nato. Ich bin mir sicher, der Champagner ist bei den Neocons bereits kaltgestellt. Muss der Einsatz erhöht werden?
Nun werden Sie sich fragen, warum jegliche juristische Argumentation pro et contra bellum hier fehlt. Es wäre sinnlos, denn natürlich werden ein paar Winkeladvokaten den ganzen Quatsch für unsere Regierung legitimieren, auch wenn er gegen jedes geltende Recht verstößt.
Warum also spielen unsere Politiker da trotzdem mit? Einerseits hat das wohl mit dem Geschichtsunterricht zu tun. Wenn da, neben ein wenig Heimatkunde, hauptsächlich das Dritte Reich durchgenommen wird, bleibt wenig Platz für anderes. Woher soll von der Leyen wissen, dass Deutschland schon einmal aus Bündnistreue in einen Krieg geschlittert ist, wenn der Diskurs der Intelligenzpresse auf der deutschen Kriegsschuld am Ersten Weltkrieg beharrt? Medizinstudenten interessieren sich ohnehin eher in Ausnahmefällen für Historisches, und ob ein Verteidigungsminister, der im Roulette-Verfahren besetzt wird, Nachhilfeunterricht bekommt, darf bezweifelt werden. Wer sollte den geben? Die 68er, die einst gegen den Vietnamkrieg protestierten und vergessen zu haben scheinen, dass auch damals ein inszenierter Anlass zum offiziellen Kriegseintritt genutzt wurde. Vom Golf von Tonkin zu Fassbomben führt ein kurzer Weg!
Die Kanzlerin dürfte in der DDR neben ihrem Hauptfach Physik zwangs- und schwerpunktmäßig Leninismus-Marxismus studiert haben. Stegner, Fahimi, Gabriel und Co. von der SPD beziehen ihre Kenntnis der Geschichte wohl hauptsächlich aus „EinesTages“ auf „spiegel-online“, zumindest legen das ihre Kommentare nahe.
Keiner weiß wozu, aber (fast) alle stimmen zu
Und diese Leute führen uns nun in einen zunächst merkwürdigen, und ganz nahe heran an einen richtigen Krieg. Wofür? Der Krieg ist die Fortsetzung der Politik mit anderen Mitteln, lehrte der alte Clausewitz. Hier angewandt die Frage: Die Fortsetzung welcher Politik? Der deutschen? Was, bitte, kann Deutschland gewinnen? Die Freundschaft der Franzosen? Die bliebe eh bestehen, solange Deutschland der Zahlmeister Europas bleibt. Militärische Anerkennung? Nach zwei Weltkriegen?
Von Gerhard Schröder werden zwei Entscheidungen in den Geschichtsbüchern überleben. Seine Wirtschaftsreformen und sein „Nein“ zum Irakkrieg. Von Merkel wissen wir, sie wäre damals schon gerne mitmarschiert. Nun, endlich, wird sie auch Kriegskanzlerin. Von einem Parlament unterstützt, das den Spruch auf dem Reichstagsgebäude „Dem deutschen Volke“ längst ad acta gelegt hat.
Was bleibt? Schmidt ist tot, Kohl schweigt, Genscher auch. Die Hoffnung auf Putins Schachspieler-Fähigkeiten vielleicht. Dass er sich um keinen Preis in einen Weltkrieg locken lassen wird.
Sagen Sie später nicht, Sie hätten das alles nicht gewusst! Auch wenn der Bundestag ratzfatz zustimmt.