Die Ermittlungen der belgischen Behörden wegen Korruption im Europäischen Parlament seien „sehr besorgniserregend“, sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag nach Razzien und Verhaftungen im Zusammenhang mit angeblichen Geldzahlungen und Geschenken aus Katar an eine Vizepräsidentin des Parlaments und Beamte. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters.
Borrell sagte vor einem Treffen der EU-Außenminister: “Wir stehen vor einigen Ereignissen, einigen Fakten, die mich als ehemaligen Präsidenten des Europäischen Parlaments sicherlich auch beunruhigen.“ Der Vorsitzende des Ausschusses für auswärtige Angelegenheiten im EU-Parlament, der deutsche CDU-Politiker David McAllister, sagte im Sender Phoenix, das Europäische Parlament müsse nun „sehr deutlich machen, dass dieser ganze Vorgang brutal vorbehaltlos aufgeklärt“ werde. „Es sind bislang, wie es aussieht, nur sozialistische Abgeordnete betroffen. Aber natürlich ist der Schaden fürs gesamte Europäische Parlament da.“
Die Ermittler haben am Freitag 16 Gebäude in Brüssel durchsucht und dabei 600.000 Euro beschlagnahmt. Von den insgesamt sechs festgenommenen Personen wurden zwei wieder freigelassen, wie der zuständige Ermittlungsrichter in Brüssel am Sonntag bekannt gab. Die belgischen Behörden haben die Namen der Festgenommenen nicht genannt. Das Europäische Parlament hatte am Wochenende aber bekannt gemacht, dass die stellvertretende Parlamentspräsidentin Eva Kaili, 44, eine sozialistische Abgeordnete aus Griechenland wegen der Untersuchungen von ihren Rechten und Pflichten suspendiert sei.
Laut Bericht der belgischen Zeitung Le Soir wurde Kaili „in flagranti“ erwischt. Bei der Razzia seien in ihrer Wohnung Säcke voller Banknoten gefunden worden.
Die belgischen Ermittler gaben laut Reuters bekannt, dass sie schon seit Monaten dem Verdacht nachgehen, dass ein arabischer Golf-Staat versucht, Entscheidungen in Brüssel zu beeinflussen. Reuters zitierte am Sonntag einen offiziellen Vertreter Katars: „Jegliche Verbindung der katarischen Regierung mit den berichteten Behauptungen ist unbegründet und beruht auf schwerwiegend falscher Information.“
In dieser Woche sollte das Europäische Parlament über einen Antrag abstimmen, der die Erlaubnis zur visumfreien Einreise für Bürger von Kuwait, Katar, Oman und Ecuador vorsieht. Die Verhandlung darüber wurde laut Angaben von David McAllister gestoppt und eine ursprünglich noch vor Weihnachten geplante Katar-Reise von EU-Parlamentariern abgesagt.