Tichys Einblick
Berlin am Samstag

Mitorganisator von „Gegen-Rechts“-Protest fabulierte von „Klassenkampf“

Nicht nur die sprachliche Schwammigkeit „gegen Rechts“, sondern auch ein Blick auf die Köpfe macht deutlich, dass es nicht um Verteidigung der Demokratie geht, sondern gegen konservative Politik und für den politischen Besitzstand von Links und Linksradikalen.

Tareq Alaows am 14.01.2024

IMAGO

Nächste Runde, selbes Spiel: Für Samstag wird in Berlin eine große Demonstration unter dem Motto „Hand in Hand“ und „#WirSindDieBrandmauer“ erwartet. Die Veranstalter haben dafür seit Wochen mobilisiert und hunderttausend Teilnehmer angemeldet. Sie wollen sich vor dem Reichstag als menschliche „Brandmauer“ versammeln. Errichtet werden soll diese Brandmauer „gegen Rechts“.

Nicht nur diese sprachliche Schwammigkeit, sondern auch ein Blick auf einige Köpfe der Bewegung macht deutlich, dass es hier nicht um Verteidigung der Demokratie geht. Viele dürften vielmehr auf einen Kampf gegen konservative Politik insgesamt und für eine politische Besitzstandswahrung von Links beziehungsweise vom linksradikalen Rand abzielen.

Als einer der ersten Redner der Veranstaltung ist Mit-Organisator Tareq Alaows angekündigt. Alaows ist syrischer Migrant und wurde 2021 bekannt, als er für den Bundestag kandidieren wollte. Die Kandidatur zog er schlussendlich wieder zurück. Jüngst trat er bei den Grünen aus. Hintergrund: Die Zustimmung der Partei zur Reform des EU-Asylsystems, die laut Alaows zu „systematischen Menschenrechtsverletzungen führt“.

Vor einigen Wochen sprach Alaows auf einem Neujahrsempfang der Linken. Dabei beschwor er in linksradikaler Manier einen „Klassenkampf“, als deren Teil er wohl auch die Demo am Samstag verstehen dürfte: „Es gibt die antirassistischen Kämpfe, es gibt die Kämpfe für Klimagerechtigkeit, für soziale Gerechtigkeit – aber der Titel für diese ganzen Kämpfe ist ein Klassenkampf.“

Bei X markierte Alaows, der für „Pro Asyl“ arbeitet, wiederholt Tweets des linksradikalen „Seenotretters“ Axel Steier mit „Gefällt mir“, darunter einen Beitrag vom 10. Januar. Darin hatte Steier das mittlerweile berühmte Spiegel-Cover mit Olaf Scholz („Wir müssen endlich im großen Stil abschieben“) gepostet und dazu geschrieben: „Wo ist jetzt der Unterschied zwischen dem und den Leuten beim Nazi-Meeting?“ Mit „Nazi-Meeting“ meinte er das Potsdamer Treffen.

In einem weiteren von Alaows gelikten Tweet wird „Abschottung“ als „Massenmord“ bezeichnet. Der Bundesregierung wird vorgeworfen, „Krieg“ zu führen gegen „Menschen, die Zuflucht suchen“. In einem eigenen Tweet im Oktober warf Alaows auch CDU-Chef Friedrich Merz „rassistische Aussagen“ vor.

Laut „Hand in Hand“ wollte Alaows jüngst am Kottbusser Tor in Berlin gemeinsam mit Daniela Sepehri für die Demonstration am Samstag werben. Auch sie wirft gerne Scholz und die CDU in einen Topf mit „Rassismus“. So verbreitete sie bei X ein Zitat aus dem Grundsatzprogrammentwurf der CDU, in dem die Partei Asylverfahren in Drittstaaten fordert, und stellte dies in einen Zusammenhang mit „den Deportationsplänen der AfD“.

Als sich der Kanzler am 17. Januar begeistert über die Demos „gegen Rassismus, Hetze und für unsere freiheitliche Demokratie“ zeigte, schleuderte ihm Sepehri entgegen: „Sie (die Demonstranten; Anm. d. Red.) gehen auch gegen Ihre rassistische Abschiebepolitik auf die Straße“. Wofür sie am Samstag zum Reichstag kommen will, beschrieb sie so: „für eine feministische, menschenrechtsgeleitete Migrationspolitik statt rassistischer Ressentiments“.

Zu den mittlerweile mehr als 1.700 Organisationen, die den Aufruf für Samstag unterzeichnet haben, gehören neben Institutionen wie der Berlin Staatsbibliothek oder der Evangelischen Kirche in Deutschland viele einschlägige linke und linksextreme Gruppierungen wie die „Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes – Verband der Antifaschistinnen und Antifaschisten (VVN-BdA)“, „Extinction Rebellion“, der „CSD Berlin“ und das „Antifa-Magazin ‚der rechte rand‘“. Die vorläufige Rednerliste gestaltet sich entsprechend einseitig. Bürgerlich-Konservative sind dort nicht zu finden.

Ins Auge fällt aber vor allem, dass sich unter den unterzeichnenden Organisationen nicht eine einzige jüdische Vereinigung befindet (wohl aber der Palästinensische Studentenverein Berlin-Brandenburg). Das ist deswegen so bemerkenswert, weil diese Demos für sich in der Regel in Anspruch nehmen, aus der deutschen Geschichte gelernt zu haben. In Deutschland waren die historischen Lehren in den Jahrzehnten seit 1945 immer ganz besonders auf den Holocaust an den Juden bezogen.

Diese Prioritäten gelten mittlerweile offensichtlich nicht mehr, jedenfalls nicht mehr für die woke-linke, postkolonial inspirierte Straße. Im Gegenteil: Juden, die das das „Nie Wieder“ derzeit vor allem mit Blick auf den Hamas-Angriff auf Israel verwirklicht sehen wollen, dürften bei nicht wenigen der Demo-Akteure eher auf wenig Verständnis stoßen.

Tareq Alaows hat bei X unter anderem einen Beitrag des anti-israelischen Bloggers Tarek Baé geliket, in der dieser vom „Unrecht“ fabuliert, das Israels Regierung begehe. Auch Daniela Sepehri liket seit Wochen einseitig Beiträge, die Kritik an Israel üben, unter anderem solche, die die abwegige Frage eines israelischen „Völkermords“ im Gazastreifen aufwerfen. In einem Beitrag verglich ein User den israelischen Verteidigungskrieg mit dem russischen Angriffskrieg in der Ukraine. Den markierte Sepehri ebenfalls mit „Gefällt mir“.

Auch die Sängerin Achan Malonda, die bei der Demo in Berlin am Samstag auftreten soll, setzte in dieser Hinsicht früh Prioritäten: Schon Anfang November zeigte sie sich auf einer von linken, nicht repräsentativen Juden organisierten Kundgebung, die zu einem sofortigen Waffenstillstand im Gazastreifen aufrief. Hätte Israels Militär an diesem Punkt gestoppt, dann wäre die Hamas jetzt wohl immer noch fast vollständig intakt.

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