Tichys Einblick
Klausur in Meseberg

Olaf Scholz, der Anfänger

Bundeskanzler Olaf Scholz und ihm nahestehende Medien wollen ein Signal des Neustarts von Meseberg aus senden. Deshalb hat die Ampel auf ihrer Klausur einen Zehn-Punkte-Plan verkündet. Der soll die Wirtschaft stärken.

IMAGO / Bernd Elmenthaler

Zehn-Punkte-Pläne sind der Jim Belushi unter den politischen Projekten: Jeder hat sie schon mal gesehen, sie bedeuten nichts und keiner erinnert sich danach an sie. Die CDU hat jüngst einen für die wirtschaftliche Belebung vorgestellt. Ilse Aigner (CSU) ist sogar die ungekrönte Königin der Zehn-Punkte-Pläne. Die ehemalige Landwirtschaftsministerin hat sie schon präsentiert zum Dioxin-Skandal, zum Pferdefliesch-Skandal oder zum Leitbild der CSU – also insgesamt zu eher unerfreulichen Dingen.

Nun hat das Kabinett von Olaf Scholz (SPD) – des Jim Belushi unter den Kanzlern – auf seiner Klausur in Meseberg – tataa: einen Zehn-Punkte-Plan vorgestellt. Zur Belebung der Wirtschaft. Der besteht aus einzelnen Ideen. Etwa die Pflicht für inländische Gäste aufzuheben, im Hotel einen Meldezettel ausfüllen zu müssen. Oder an der ein oder anderen Stelle das Fax-Gerät Fax-Gerät sein zu lassen und als Bürger mit Behörden digital kommunizieren zu dürfen.

Im Wesentlichen besteht der Zehn-Punkte-Plan aber aus dem „Wachstumschancengesetz“. Das hatte Finanzminister Christian Lindner (FDP) schon vor der Klausur ins Kabinett eingebracht, Familienministerin Lisa Paus (Grüne) dort aber blockiert. Sie wollte auf die Weise mehr Geld für die „Kindergrundsicherung“ ertrotzen. Das hat sie jetzt. Also wachsen Lindners Chancen jetzt per Gesetz.

Das hat Olaf Scholz aber alles zu sehr nach Koalitionskrach geklungen. Deswegen erlebt das „Wachstumschancengesetz“ jetzt seine Wiedergeburt als Zehn-Punkte-Plan und soll mit dem neuen Namen einen neuen Glauben an die Ampel ausstrahlen und ein Symbol für deren Harmonie und Tatkraft sein. In den Analysen der Scholz nahen Medien finden sie sich daher als Bausteine für Beiträge wieder, die des Kanzlers Botschaft vom Neuanfang unter die Untertanen bringen sollen.

Was sich in diesen Beiträgen nicht findet: die Kritik der Bundesrechtsanwaltskammer an diesem „Wachstumschancengesetz“. Die verweist darauf, dass dieses Gesetz kaum echte Erleichterungen für die Wirtschaft mit sich bringe – dafür aber das Vertrauensverhältnis zwischen Steuerberatern, Rechtsanwälten und ihren Mandanten aushöhle, weil es diese zwinge, Geheimnisse ihrer Mandanten beim leisesten Verdacht dem Staat zu denunzieren. Diese Kritik finden Sie bei TE:

Da er schon Paus 400 Millionen Euro zusätzlich für die Kindergrundsicherung gewähren musste, bekommt Lindner für sein „Wachstumschancengesetz“ nun ebenfalls eine Milliarde Euro mehr. Also unterstützt die Ampel die Wirtschaft mit 7 Milliarden Euro ab 2025, dem Wahljahr. 7 Milliarden Euro im Jahr – das sind nicht einmal zwei Monate die Kosten für das Bürgergeld, das die Ampel kurz vor der Klausur erhöht hat. Diese Erhöhung verbinden aber die wenigsten Journalisten mit der Klausur. Schließlich wollen sie dem Kanzler unberührte Beiträge schenken, in denen die reine Botschaft vom Neuanfang klar und rein rüberkommt.

Am Mittwochmorgen hat Lindner auf Twitter bestärkt, dass er keine „schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme“ wollle. Sie würden nur die Preise anziehen lassen, aber nicht die Wirtschaft stärken. Wenn sich Lindner am Mittwochmorgen gegen schuldenfinanzierte Konjunkturprogramme ausspricht, willigt der FDP-Vorsitzende am Mittwochnachmittag in diese ein und trägt sie fortan mit – das ist wiederum der Jim Belushi unter den journalistischen Prognosen.

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