Tichys Einblick
Zum Tod von Klaus Töpfer

Der Schwarze mit der grünen Seele

Klaus Töpfer ist im Alter von 85 Jahren gestorben. Als Wegbereiter von Energiewende, Atomausstieg und der Zusammenarbeit von NGOs und Exekutive war der ehemalige Bundesumweltminister eine der bedeutendsten Gestalten der jüngeren Bundesrepublik.

Angetan mit einer Badekappe, einem Schutzanzug und Schwimmflossen springt Klaus Töpfer am 13.9.1988 von Bord eines Polizeibootes in den Rhein.

picture-alliance / dpa | Roland Witschel

Bei der Frage, welcher Politiker der Republik in den letzten Jahrzehnten seinen Stempel aufgedrückt hat, fällt sein Name vielleicht nicht als erstes: Klaus Töpfer. Dabei hat der gebürtige Schlesier eine deutliche Handschrift im Geschichtsbuch der Bundesrepublik hinterlassen. Töpfer war ein Schwarzer mit grüner Seele, der wichtige Weichenstellungen bei der Kreation jenes Staates vornahm, wie wir ihn heute kennen. Hilfreich war dabei sein freundliches Wesen. Er galt als umgänglich und offen. Das machte ihn zu einem einflussreichen Kommunikator.

Töpfer wurde am 23. Mai 1985 zum Minister für Umwelt und Gesundheit des Landes Rheinland-Pfalz in der von Ministerpräsident Bernhard Vogel geleiteten Landesregierung ernannt. Ein Posten, der niemanden interessierte. Umweltpolitik spielte eine untergeordnete Rolle. Noch. Als Töpfer zwei Jahre später Bundesminister für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit wird, weiß der sympathische Netzwerker, wie er diesen Posten nutzt.

Im Mai 1988 sprang er in einer medienwirksamen Aktion im Neoprenanzug in den Rhein; vorher hatte der Schweizer Sandozkonzern durch Einlauf von Schadstoffen ein massives Fischsterben im Rhein verursacht. Damit sorgte er für internationale Aufmerksamkeit. Auslöser: eine verlorene Wette.

Doch nicht nur damit richtete Töpfer das Scheinwerferlicht auf die eigene Person. Kurz nach Amtsantritt forderte er „eine Zukunft ohne Kernenergie, aber auch mit immer weniger fossilen Brennstoffen“. Vorgänger Fritz Zimmermann, hauptberuflich Innen-, im Nebenamt Umweltminister, löffelte noch Milchpulver, das in langen Waggons entsorgt werden sollte – wegen radioaktiver Strahlung in Folge des Reaktorunglücks von Tschernobyl. Töpfer profilierte sich dagegen als Mahner und Warner vor der Atomgefahr.

Bundeskanzler Helmut Kohl misstraute Töpfer offenbar. Er berief ihn 1994 zum Bundesbauminister und damit zum Organisator des Umzugs von Bonn nach Berlin. In Berlin war er dafür zuständig, dass die Behörden untereinander fußläufig zu erreichen waren – etwas, das in Bonn nie der Fall gewesen war. Die Bundesregierung wurde auf kleinem Raum verdichtet.

Seine Nachfolgerin wurde Angela Merkel. Beide unterhielten bis zum Schluss ein gutes Verhältnis zueinander – nicht nur in der Umweltpolitik, sondern auch der Flüchtlingspolitik sah Töpfer später Parallelen. In einer Laudatio auf ihren Vorgänger hebt sie später hervor, dass es Töpfer war, der maßgeblich daran mitgewirkt hatte, Umweltschutz als Staatsziel zu formulieren.

Klaus Töpfer war einer der großen Vorbilder der Seitenwechsler zwischen Politik und NGOs. 1998 schied er aus der aktiven Politik aus und wurde Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (UNEP) in Nairobi. Töpfer galt von da als einer der einflussreichsten deutschen Nichtpolitiker. Bis 2006 war Töpfer außerdem Unter-Generalsekretär der Vereinten Nationen. Er galt damit als weltweit ranghöchster Umweltschützer – und als der Deutsche, der im Apparat der Vereinten Nationen am höchsten stand.

Doch trotz der globalen Perspektive verlor Töpfer Deutschland nicht aus dem Blick. Nachdem die rot-grüne Koalition den Atomausstieg beschlossen hatte, und Gas zur „Brücke“ werden sollte, solange die „Erneuerbaren“ nicht lieferten, wurde Töpfer Schirmherr der Lobbyorganisation Deutsch-russisches Rohstoff-Forum. Ein Verein, der bis 2015 vom russischen Energiekonzern Gazprom über Töchterfirmen finanziert wurde.

Als Angela Merkel nach Fukushima den Ausstieg aus der Kernenergie neuerlich anordnete, entsann sie sich ihrer alten Verbindungen zu Töpfer, der als Advokat der „Erneuerbaren“ aufgetreten und ein Gegner der Kernkraft war. Er erhielt den Vorsitz in der „Ethikkommission für eine sichere Energieversorgung“, die über das Schicksal der Atomkraft in Deutschland beriet.

2013 berief ihn Rainer Baake, der Pate der Energiewende, zum Vorsitzenden des Rats der Agora Energiewende. „Der Vorsitz des Rates der Agora bietet die hervorragende Möglichkeit, die an der Umsetzung der Energiewende orientierte Arbeit der Agora und unsere energiepolitischen Aktivitäten mit der Plattform Energiewende am IASS noch enger zu verbinden und somit zum Gelingen der Energiewende beizutragen“, erklärte Töpfer.

Er blieb bis 2018 in dieser Position und schied anschließend aus „privaten Gründen“ aus. „Wir danken Klaus Töpfer für sein überaus großes Engagement im Rat der Agora. Es ist ihm in unvergleichlicher Weise gelungen, eine Diskussionsatmosphäre zu schaffen, in der die Mitglieder des Rates der Agora ihre unterschiedlichen Interessenslagen überbrücken können und dadurch Wege finden, die Energiewende wirklich voranzubringen“, erklärte der damalige Direktor der Denkfabrik, Patrick Graichen.

Nicht nur die Agora, sondern auch die Deutsche Umwelthilfe (DUH) erkannten Töpfers Gefühl für PR an. 2013 verlieh ihm die DUH deswegen den UmweltMedienpreis für sein Lebenswerk. Zusammen mit dem heutigen Präsidenten des Umweltbundesamtes (UBA), Dirk Messner, leitete er ab 2014 den deutschen Teil des UN-Netzwerks Sustainable Development Solutions Network.

Töpfer starb am Dienstag nach kurzer, schwerer Krankheit im Alter von 85 Jahren.

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