Das Tagebuch der Anne Frank liest sich an manchen Stellen wie jedes Tagebuch einer 14-Jährigen. Sie ringt mit sich, ob sie einem Jungen den ersten Kuss ihres Lebens gewähren soll. Sie tut es. Und es ist eine herzergreifende Stelle. Denn ein weiteres Vordringen in die Welt der Liebe sollte Anne Frank nicht mehr gewährt sein: Das jüdische Mädchen schreibt ihr Tagebuch im Versteck in Amsterdam. Dann wird ihre Familie denunziert, die Nationalsozialisten kommen und führen die Familie nach Osten ab, zwischen den Konzentrationslagern Auschwitz und Bergen-Belsen verliert sich die Spur des Mädchens. Sie fällt der Shoa zum Opfer.
Anne Frank ist ein Fall von sechs Millionen Morden an Juden in Deutschland. Durch das Tagebuch wird ihr Fall berühmt. Auch eine Kita in Tangerhütte in Sachsen-Anhalt schmückt sich mit ihrem Namen. Solange das Gratismut ist. Solange das von allen gefeiert wird. Jetzt will das Kuratorium der Kita einen anderen Namen haben, wie die Harzer Volksstimme berichtet. Nichts hat mit nichts zu tun, wie der Bürgermeister und die Leiterin der Kita in der Zeitung beteuern.
Der parteilose Bürgermeister Andreas Brohm versichert das. Der neue Name solle nur einem neuen Konzept Ausdruck verleihen, versichert er der Volksstimme. Das wiege schwerer als politische Bedenken. Ansonsten habe nichts mit nichts zu tun, beschwört er. Indianerehrenwort. Also Indigenerureinwohnerehrenwort. Also Ehrenwort. Man muss mit Worten ja so auf aufpassen heutzutage.
Die Leiterin der Kita, Linda Schichor, wird deutlicher in der Volksstimme. Für die Kinder sei das Schicksal von Anne Frank nicht mehr vermittelbar. „Eltern mit Migrationshintergrund“ könnten „mit dem Namen nichts anfangen“. Nun ist es ursprünglich der Zweck von Namensgebungen, der entsprechenden Personen zu gedenken. Und ihre Geschichte in Erinnerung zu halten. Zumindest so lange es Gratismut ist, der von allen bejubelt wird. Wenn es unangenehm wird, wenn „Eltern mit Migrationshintergrund“ nichts damit anfangen können, wird es Zeit, den Namen zu leugnen. Wegen des neuen Konzeptes, sonst hat ja nichts mit nichts zu tun. Dingsdaehrenwort.
Der Vorfall in Tangerhütte ist die Berichterstattung über den Hamas-Terror im Kleinen: Die Bilder und Details der Morde, Vergewaltigungen und Leichenschändungen der Hamas waren nur auf Twitter zu sehen. Und auch das nur anfangs. Dann griff die Gesetzgebung der EU, die solche Bilder und Details unterdrückt. Die Auswahl der Berichterstattung bleibt dem Staatsfernsehen überlassen.
Das Staatsfernsehen nannte den Terror nur am Anfang beim Namen. Schnell schob das Staatsfernsehen die israelischen Reaktionen in den Mittelpunkt. Auf einem Parkplatz ist eine Einschlagstelle zu sehen, die das Pflaster leicht beschädigt hat. Die Hamas sagt, das sei ein Krankenhaus, das Israel angegriffen und dabei mehr als ein Dutzend Menschen getötet habe. Also ist es das für die Tagesschau auch.
Anderes Beispiel: Ein Krankenwagen ist zu sehen. Die Front des Krankenwagens ist eingedellt, die Scheiben sind intakt und unter dem Krankenwagen liegt ein Pferd. Die Hamas sagt, das sei ein Krankenwagen, der von Israel beschossen worden sei. ZDF Heute übernimmt das. Ein Raketenschlag, bei dem die Scheiben intakt bleiben und ein Pferd unter den Wagen geschleudert wird. Für das ZDF glaubhaft. Das ist das Staatsfernsehen, dem die EU die Entscheidung überlässt, was wir sehen dürfen und was nicht.
Anne Frank ist Eltern mit Migrationshintergrund nicht mehr zumutbar. Der Terror der Hamas ist uns allen nicht zumutbar. Nur die Reaktionen Israels. Dann lässt sich auch besser gemeinsam gegen Israel demonstrieren wie am Samstag in Berlin. Die Teilnehmer dort legen sich die Bilder zurecht, wie sie die brauchen. Alles andere ist fremd. Dabei unterstützt sie Deutschland wie nun die Kita in Tangerhütte. Wichtig ist dabei nur, dass nichts mit nichts zu tun hat.