Die Ständige Impfkommission (STIKO) hat am 9. Dezember eine Impfempfehlung für 5- bis 11-jährige Kinder mit Vorerkrankungen und Kontakt zu Risikopatienten ausgesprochen. Möglich sei laut STIKO aber auch, gesunde Kinder nach ärztlicher Aufklärung zu impfen, wenn „ein individueller Wunsch der Kinder und Eltern“ bestehe. Ursprünglich war die Stellungnahme der STIKO erst für den 20. Dezember geplant gewesen – offensichtlich auf politischen Druck hin war die Entscheidung vorgezogen worden.
Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hatte den Kinderimpfstoff bereits am 25. November zur Zulassung empfohlen, vier Tage später hatte die Gesundheitsministerkonferenz die Vorbereitung der Kinderimpfungen beschlossen und kurz darauf hatten Biontech und Pfizer verkündet, den Kinderimpfstoff bereits eine Woche früher als geplant, also am 13. Dezember, ausliefern zu können. Da die Dosierung des Kinderimpfstoffs nur ein Drittel der gespritzten Menge bei Jugendlichen und Erwachsenen entspricht, hatten die Hersteller Sonderchargen produzieren müssen.
Doch das Engagement der Gesundheitsminister von Berlin und Bayern für die Kinderimpfungen geht weit über die bloße Organisation der Impfabläufe hinaus. Holetschek sagte bereits in der letzten Woche, dass er seine Kinder, wenn sie im betreffenden Alter wären, „sofort und ohne zu zögern impfen lassen“ würde. Die Berliner Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) hatte im RBB-Inforadio verkündet, dass geimpft werden könne, „wenn die Eltern das so wollen“, und sie hoffe, dass „sehr viele Eltern davon Gebrauch machen“.
Bedenken von Experten scheinen die Gesundheitspolitiker nicht zu interessieren
Der Druck auf Eltern und Kinder, sich auch ohne vorhandene Vorerkrankungen für eine Impfung zu entscheiden, steigt durch diese Maßnahmen und Aussagen enorm. Dabei zeigen die aktuellen RKI-Zahlen (Stand 9. Dezember), dass eine Corona-Infektion für Kinder nach wie vor in fast allen Fällen nahezu keine schweren Verläufe nach sich zieht: Trotz einer aktuellen Neuinfektionen-Inzidenz zwischen 900 und 1.000 unter den 5- bis 14-Jährigen haben in den vergangenen vier Wochen im Schnitt nur 125 Kinder dieser Altersgruppe mit COVID-19 im Krankenhaus gelegen. Todesfälle durch Corona gab es bei den unter 20-Jährigen bisher 41, bei nahezu zwei Dritteln der Fälle hatten die Kinder Vorerkrankungen gehabt.
Während also bekannt ist, dass Corona für Kinder in der Regel ungefährlich ist, sind die Risiken von Nebenwirkungen des Impfstoffs für Kinder bisher kaum erforscht. Erst vor Kurzem hatte STIKO-Chef Thomas Mertens Schlagzeilen mit seiner Aussage gemacht, dass er sein eigenes sieben Jahre altes Kind derzeit nicht gegen Corona impfen lassen würde. Grund seien fehlende Daten zur Verträglichkeit des Impfstoffs, außerdem seien nach aktuellen Publikationen kaum Aussagen über Langzeitschäden möglich.
Dass trotz dieser Bedenken von Experten Gesundheitspolitiker dringlich für eine Impfung in allen Altersgruppen, nun auch unter den Kindern, werben, stößt inzwischen auch in der Ärzteschaft auf Kritik. Peter Noack, Vorstandsvorsitzender der Kassenärztlichen Vereinigung Brandenburg (KVBB), monierte erst kürzlich, dass die Politik mit ihrer eigenen Impfempfehlung wieder einmal vorgeprescht war, obwohl vieles um die Kinderimpfungen noch unklar gewesen sei. Noack: „Bei vielen Eltern wurden hohe Erwartungen geweckt, die jetzt vielfach enttäuscht werden müssen.“