Kinder unter 14 Jahren morden, vergewaltigen und begehen auch sonst zunehmend mehr Straftaten: Von 2020 bis zum letzten Jahr hat die Zahl tatverdächtiger Kinder unter 14 Jahren fast um die Hälfte zugenommen (TE berichtete). Deutschland nimmt sich scheinbar ein Vorbild an Ländern wie Italien und Spanien: Aus diesen Ländern ist bereits seit längerer Zeit bekannt, dass sich Minderjährige in Gangs zusammentun. Diese verüben Diebstähle, handeln mit Drogen, erpressen Leute, begehen sogar Morde. In Italien ziehen nach Morgenpost-Berichten Elfjährige schon seit Jahren mit einer Waffe in der Hand los.
„Baby-Gangs“ werden solche Banden in Italien genannt, denn auch in Italien sind die Mitglieder laut SRF oft nicht älter als elf oder zwölf Jahre. Nachdem zahlreiche Bosse der Camorra – der lokalen Mafia – hinter Gitter kamen, sind deren Kinder herangewachsen. Und die versuchen nun, wie SRF schreibt, das „Revier“ der Eltern zu übernehmen. Das Problem dabei sei, wie Mafia-Experte Roberto Saviano gegenüber der Berliner Morgenpost sagte, dass es beispielsweise in Neapel keinen geschützten Weg zum Heranwachsen gebe. Die Kinder würden schon in der Wirklichkeit geboren, mittendrin: „Seit ihrer Geburt war keinem Erwachsenen je eingefallen, dass es Wahrheiten, Ereignisse oder Verhaltensweisen gibt, die für ihre Ohren ungeeignet waren.“ So wüssten die Kinder dann bereits in jungen Jahren alles und redeten über Sex und Waffen, kritisiert Saviano.
Was in Italien Kinder von Mafiosi sind, sind in Spanien desorientierte Kinder, die leicht zu manipulieren sind, wie der Pastor Alberto Díaz gegenüber der Neuen Zürcher Zeitung (NZZ) erklärt: „Die meisten Mitglieder kommen aus sozial benachteiligten oder zerrütteten Familien, die ihnen keinen Halt geben.“ Das Schlimme sei, dass die Kinder immer früher rekrutiert werden, führt Díaz weiter aus. „Zum Teil sind sie erst zehn oder elf Jahre alt.“ In diesem Alter seien die Kinder leicht zu manipulieren. Wenn sie dann drei, vier Jahre dabei seien und sich genug gewaltbereit zeigten, stiegen sie auf in der Hierarchie, betont er. Und gewaltbereiter werden sie auch: So hat sich laut NZZ die Zahl der bewaffneten Auseinandersetzungen in Madrid von 2021 bis zum letzten Jahr fast verdoppelt.
Italien und Spanien sehen sich schon länger damit konfrontiert, wie sie mit der steigenden Kriminalität unter den Jüngsten umgehen sollen. Immerhin sind Kinder in diesen Ländern, wie auch in Deutschland, erst ab einem Alter von 14 Jahren strafmündig. Vorher haben sie keine strafrechtlichen Konsequenzen zu erwarten. In Italien wurde 2017 diskutiert, ob dieses Alter herabgesetzt werden sollte, schreibt die Berliner Morgenpost. Neapels Bürgermeister Luigi de Magistris hielt dagegen: „Einen Elfjährigen ins Gefängnis zu stecken, ist eine Bankrotterklärung.“ Und ob eine Gefängnisstrafe für einen Elfjährigen etwas daran ändert, dass ihm sein innerer Halt fehlt, erscheint ebenfalls fraglich.