So hohe Jugendkriminalität wie lange nicht mehr: Die Zahl „tatverdächtiger Kinder unter 14 Jahren“ hat von 2020 bis zum letzten Jahr fast um die Hälfte zugenommen. Das ergab eine Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD. Demnach gab es im vergangenen Jahr rund 93.000 tatverdächtige Kinder unter 14 Jahren.
Eine Statistik über die Verurteilungen dieser Kinder gibt es laut Bundesregierung nicht. Das ist auch klar: Immerhin sind Kinder unter 14 Jahren nicht strafmündig und haben entsprechend keine strafrechtlichen Konsequenzen zu erwarten. Und trotzdem: Die Zahl der „tatverdächtigen Kinder unter 14 Jahren“ steigt.
Tatsächlich gab es 2009 sogar noch mehr solcher Fälle. In den sechs Jahren darauf verübten dann stetig weniger Kinder Straftaten. Bis die Flüchtlingskrise kam: Von 2015 bis 2016 ist die Zahl tatverdächtiger Kinder wieder gestiegen – um rund 11.000 „Tatverdächtige“. Wie die Polizeiliche Kriminalstatistik zeigt, hat sich das Problem hoher Kinderkriminalität nach dem Flüchtlingszustrom wieder etwas gelegt. Im Corona-Jahr 2020 gab es sogar die wenigsten Straftaten von Kindern unter 14 Jahren. Eine naheliegende Erklärung wäre: Es waren auch alle wegen der Lockdowns zu Hause. Nach – oder gerade wegen – der Pandemie hat die Kriminalität unter den Kindern allerdings erneut zugenommen.
Kein Wunder, denn wie NRW-Innenminister Herbert Reul (CDU) sagt: „Kinder und Jugendliche streiten heute emotionaler und gewalttätiger.“ Der Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeut Klaus Riedel betont gegenüber „Wa.de“, die Aggressivität unter Kindern und Jugendlichen habe durch die Corona-Zeit zugenommen. Er sieht sich täglich mit den Auswirkungen der Pandemie konfrontiert: „Wir beobachten eine große Anzahl von Kindern mit Impulskontrollstörungen.“
Riedel führt in dem Interview zudem aus, dass die Empathiefähigkeit bei vielen seiner jungen Patienten abgenommen habe. Der Grund: „Krisen erhöhen den Stress und sorgen dafür, dass innerer Halt verloren geht“, sagt der Experte. Außerdem warnt er: „Da kommt eine ganze Wucht auf uns zu.“
Diese „Wucht“ macht sich bereits bemerkbar: Während es 2020 „nur“ elf Fälle von „Mord, Totschlag und Töten auf Verlangen“ unter den Kindern gab, fielen im letzten Jahr wiederum 18 Kinder wegen diesen Delikten in die Polizeiliche Kriminalstatistik. Was als absolute Zahl weniger schlimm klingt, ist als Prozentzahl besorgniserregend: Dieser Anstieg entspricht fast zwei Dritteln. Wenn sich dieser Trend so fortsetzt, dann wäre das tatsächlich eine „Wucht“.