Tichys Einblick
TE 06-2019

Kepplinger: Journalisten sind keine Lügner, sie sind Gläubige

Medienwissenschaftler Hans Mathias Kepplinger über „Haltung“: „Wir haben uns vom Ideal des objektiven Journalismus‘ britischer Prägung verabschiedet“.

imago Images/photothek

Der renommierte Medienwissenschaftler Hans Mathias Kepplinger sieht einen immer stärkeren Trend im Journalismus, eigenen „Haltungen“ zu folgen und Gegenargumente oder andere Meinungen nicht mehr zur Kenntnis zu nehmen.

„Journalisten tendieren dazu, die Dinge, die sie für wahr halten, so wahr zu machen, wie es geht, und dann noch eins draufzusetzen. Und dabei wird häufiger geschwindelt, als man glaubt. Journalisten sind keine Lügner. Ein großer Teil der Journalisten sind Gläubige“, beschreibt Kepplinger im Gespräch mit dem Monatsmagazin Tichys Einblick. Journalisten hätten feste Überzeugungen, und würden alles tun, diese mit Fakten zu untermauern.

„In den 1950er- und 60er-Jahren habe es noch ein klares Bekenntnis zum „Ideal des neutralen, objektiven Journalismus angelsächsischer Prägung“ gegeben. Das habe sich stark verändert. „Der Haltungsjournalismus heute ist im Grunde nichts anderes als die Übernahme des marxistischen Objektivitätsbegriffs: Objektivität als Parteinahme im Sinne der Geschichte, und zwar der Geschichte der richtigen Entwicklung der Gesellschaft. Nur dass Geschichte ersetzt wird durch «moralisch richtige Seite».“

Auch der Begriff der Kritik habe sich vollkommen gewandelt. „Kritik bedeutete früher, bis in die 1950er-, 60er-, auch in die 70er-Jahre, dass man prüft, ob eine Behauptung, also eine Zahl, ein Messergebnis stimmt oder nicht. Ob es plausibel ist, ob man es wiederholen kann, ob es prüfbar ist, ob es mindestens zwei Quellen im Journalismus gibt“, beschreibt der Medienwissenschaftler. „Veröffentlicht wurde nur das, was dieser Kritik standhielt. Dieser alte Kritikbegriff hat sich in Deutschland unter dem Einfluss der Frankfurter Schule unter Adorno geändert. Kritik ist jetzt eine Abneigung gegen bestimmte politische Positionen.“


Das gesamte Interview finden Sie in TE-Ausgabe 06-2019 >>>



Lesen Sie auch: 
Die mobile Version verlassen