Tichys Einblick
Wann geht sie?

Keine Ohrfeige für Merkel – ein knallhartes Misstrauensvotum

Die Wahl von Ralph Brinkhaus zum Fraktionsvorsitzenden ist ein Signal. Die Kanzlerin hat ihre Machtbasis in der Fraktion verloren. Sie klammert sich nur noch an ihr Amt. Zeit, dass Deutschland wieder eine vernünftige politische Führung erhält.

John MacDougall/AFP/Getty Images

Nein, ich habe nicht gewonnen – im Gegenteil, ich habe alle Wetten verloren, die darauf gerichtet waren, dass Volker Kauder erneut zum Fraktionsvorsitzenden der CDU-Bundestagsfraktion gewählt werden würde.

Wurde er nicht. Ralph Brinkhaus, eigentlich ein ziemlich kerniger Typ, trat leise und schüchtern an. Unser Kollege Hugo Müller-Vogg sah aber schon in der Kandidatur „ein weiteres Zeichen, dass es für die ewige Kanzlerin „isch over“ heisst, um es in der Terminologie Wolfgang Schäubles zu formulieren.“

Das Zeichen brennt jetzt an der Wand in Feuerschrift.

Die Abgeordneten fühlen sich nicht mehr als unbedingt treue Gefolgsleute einer Kanzlerin, die einsam gegen immer größere Teile der Bevölkerung und ihrer Partei vor sich hin regiert. Das war schon bei der Bundestagswahl so; noch klammerte sich die Kanzlerin an den Nimbus wie an einen fliegenden Zauberbesen, dass es außer ihr niemand gäbe, der antreten könne.

Bekanntlich sind unsere Friedhöfe allesamt Mahnmale für das Missverständnis, man sei unersetzlich. Und wenn erst über Unersetzlichkeit nachgedacht wird, ist sie schon da, die Debatte über Ersetzlichkeit.

Schaut man sich die jüngsten Umfragen praktisch aller Institute an, dann wird auch klar warum:

Noch hat die CSU ja Anhänger um die 35 Prozent. Das bringt keiner von Merkels Parteifreundchen auf die Waage. Die CDU allein ist nur noch für rund 25 Prozent gut, mit geradem Weg auf die 20-Prozenter. Die meist gemeinsam ausgewiesenen Prozente täuschen darüber hinweg, wie schwach die CDU wirklich ist. Sie ist da, wo die SPD bereits angstvoll um sich schlägt.

Merkel hat ihre Partei nach links gerückt, immer noch entrückter von der Bevölkerung. Sie ist dabei, als Patex-Kanzlerin in die Geschichte einzugehen: Unfähig, ihre krachenden Fehler zu korrigieren. Die Einwanderungspolitik allen Fehlern voran, gefolgt von Energiepolitik und Europa. Denn natürlich sind nicht die Migranten, aber Merkels Migrationspolitik einerseits die Mutter und andererseits der Verstärker aller derzeitigen politischen Probleme. Wer das Gegenteil behauptet, leidet unter Wirklichkeitsagonie. Und natürlich weicht die Energiepolitik immer noch weiter von den gewollten Zielen ab, macht Strom zum gelegentlichen Luxusgut statt zur verlässlichen Kraftquelle. Und Europa wird in Sonntagsreden beschworen, aber die EU ist im Zustand der Auflösung: Die Briten schon weg, die Osteuropäer in offener Rebellion gegen Berlin und Brüssel. Und neuerdings schert sich mit Italien ein weiteres der großen Länder demonstrativ nicht mehr um Deutschland. Auch der Bruch mit den USA mag zwar dem latenten Antiamerikanismus gerade Recht sein – aber glauben wir wirklich wieder, im neuen Größenwahn verfangen, wir könnten den offenen Konflikt aushalten und fänden in Wladimir Putin den verlässlicheren Partner? 

Merkels Politik war nicht von Prinzipien geleitet, nicht von Grundsätzen, sondern vom nackten Opportunismus, darauf ausgerichtet, die nächste Wahl zu gewinnen, um ihre Position zu behaupten. Das ist nicht gut gegangen. Trotz des kindisch überstürzten Atom-Ausstiegs hat sie Baden-Württemberg verloren. Jetzt droht der Union die Kernschmelze in Bayern und Hessen, und diesmal ist es nicht die wackelige SPD, die der Union den Rang abläuft, sondern mit der AfD eine Partei, die direkt in das Herz der CDU-Wählerschaft zielt und schon jetzt Kraft aus dem Umzug von CDU-Migliedern gewinnt.

Es wird Zeit, dass Merkel die Konsequenzen zieht und die Vertrauensfrage stellt, um den Weg für ihre Nachfolge frei zu machen. Denn die eigene Fraktion ist auf dem Absprung. Die Wähler sind schon weiter.

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