Man kann Katja Diehl nicht vorwerfen, ihre politischen Ziele zu verschleiern. „Wir nehmen den Deutschen den Traum vom eigenen Auto und vom Eigenheim“, sagt die in der Bundesregierung ganz offenkundig hochgeschätzte „doppelte Preisträgerin des deutschen Mobilitätspreises vom Verkehrsministerium“ (Eigenbezeichnung) sowie Mitglied einer Jury des Bundesumweltministeriums und Beraterin der österreichischen Klimaministerin Leonore Gewessler.
Bei „Anne Will“ war die studierte Literatur- und Medienwissenschaftlerin erst vor wenigen Tagen als Mobilitätsexpertin vor einem Millionenpublikum präsent. Ebenso eng wie mit den Regierenden und Meinungsmachenden ist Diehl aber auch mit den Radikalen von der „Letzten Generation“ verbunden. Im Januar wurde sie von der Polizei erwischt, als sie in einem Bus gemeinsam mit der „Letzten Generation“ zur Besetzung von Lützerath unterwegs war.
Die Formulierung vom „Traum“ soll wohl deutlich machen, dass man auch den Wunsch danach auslöschen will. Auf ihrer eigenen Website nennt sie das: „umfassende Herausforderung einer Einstellungs- und Verhaltensänderung“. Die „sinnvollen Lösungen“ will sie „gemeinsam mit den Menschen (zu) etablieren, deren Mobilität verändert werden soll“. Die Menschen sollen also nicht mehr selbst über ihre Veränderung entscheiden, sondern mitmachen, wenn ihre Mobilität verändert wird – von wem die Lösungen und Veränderungsvorgaben kommen, sagt Diehl da nicht explizit. Man kann es sich denken: von Leuten wie ihr und den Regierungen, die sie beraten.
Menschen, die weder eine Wohnimmobilie noch ein Auto besitzen, aber dank fürsorglicher Einbeziehung von oben dennoch zufrieden sind – das ist wohl Diehls Vorstellung der zukünftigen Gesellschaft. Wer trotzdem weiter von Eigentum träumt, träumt eben vergeblich. Das ist die Zumutung, die Diehl den Menschen auferlegt.
Dass Diehls Feldzug gegen das Auto nicht nur ökologisch, vielleicht nicht einmal in erster Linie ökologisch motiviert ist, sondern eher sozialrevolutionär, legen andere Aussagen von ihr nahe. So sagte sie im Interview mit RND kürzlich: „Unser aktuelles Verkehrssystem ist queer- und behindertenfeindlich, rassistisch und sexistisch.“ Sie kommt sich da auch schon mal selbst ins Gehege, wenn sie einerseits die Funktion des Autos als „Safe Space“ feststellt („Viele Frauen fahren zum Beispiel abends lieber Auto, als dass sie sich in einen öffentlichen Bus setzen“), dies aber nicht als Argument für das Auto sieht, sondern als Argument dagegen, weil schließlich nicht jeder sich ein Auto leisten könne: „Es ist keine Lösung, wenn nicht jeder von uns Zugriff auf diesen Safe Space hat“ und: „Ich verabscheue es, ein System als funktional und für alle passend zu verkaufen, das viele Menschen ausschließt: 26 Millionen Menschen in Deutschland können nicht selbst aktiv Auto fahren“. Diese Widersprüchlichkeit gipfelt dann in der Aussage: „Ich sage nicht ‚Du sollst nicht Auto fahren!“‘, sondern ich sage ‚Jeder Mensch sollte das Recht haben, ein Leben ohne eigenes Auto führen zu können‘“. Hat denn jemals irgendein autofreundlicher Politiker dieses Recht infrage gestellt?
Dass es Diehl nicht in erster Linie um ökologische Sorgen geht, legen auch andere Aussagen von ihr nahe. Auf Twitter kommentierte sie zum Beispiel am 1. Januar das Neujahrskonzert der Wiener Philharmoniker auf Twitter mit den Worten: „Und selbst beim Schauen der Wiener Philharmoniker komme ich nicht umhin, etwas gestresst zu bemerken, wie weiß und männlich sie sind. Sich mit dem Thema weiße Mehrheitsgesellschaft zu beschäftigen heißt, nicht mehr wegschauen zu können – und zu wollen. We will fix that.“ Auch hier also ein eindeutiges Versprechen: Wir werden das reparieren. In der von Diehl erstrebten Gesellschaft sollen die Menschen also nicht nur auf Autos und Wohneigentum verzichten, sondern auch auf Konzerte, zumindest sofern ihre Hautfarbe oder ihr Geschlecht nicht den Vorgaben des Diehlschen „Wir“ entspricht.