Im Kaufen von Zeit ist das Kabinett von Olaf Scholz (SPD) Weltklasse. Der Kanzler macht es selbst vor: Statt einen „Wutwinter“ zu riskieren, führt er die Strompreisbremse ein. Ob die für jeden greift? Was das wirklich kostet? Und wer das wie bezahlen soll? Erstmal ist der Wutwinter abgewehrt und was dann wird, sehen wir dann.
Ähnlich geht Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) nun mit der Pflegeversicherung vor. Die hat zwei Probleme. Zum einen arbeitet sie defizitär. Und zum anderen wächst die Finanzierungslücke. Das liegt auch daran, dass Lauterbachs Pandemie-Politik in den Heimen hohe Kosten verursacht und diese eben auch durch die Inflation erhöhte Preise zahlen müssen. TE berichtete über die Finanzierungslücke.
Die Möglichkeiten, diese zu schließen, sind in der Gegenwart alle unangenehm für Lauterbach. Entweder erhöht er die Einnahmen, das würde steigende Beiträge für Arbeitnehmer bedeuten. Oder er senkt die Ausgaben. Doch das würde ihm noch mehr Widerstand einhandeln. Entweder wenn staatliche Zuschüsse an Bedürftige oder Angehörige sinken oder die versprochenen Lohnerhöhungen für Pfleger ausbleiben würden.
Doch nicht dieses Jahr, wie nun das über die SPD stets gut informierte Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND) herausgefunden hat. „Nur einmal“ soll das fürs Sparen gedachte Geld genutzt werden, um Löcher zu stopfen. Dann hätte Lauterbach bis zum nächsten Sommer Zeit, eine Reform vorzustellen, die Probleme dauerhafter löst. Diese Reform komme bald, sagt Lauterbach – seit dem Frühjahr. Im Fonds befinden sich derzeit zehn angesparte Milliarden Euro, womit Lauterbach das bald noch einige Male hinausschieben könnte.
Der Verband der Ersatzkassen kritisiert den geplanten Schritt des Ministers: „Das Sondervermögen war eigentlich dafür gedacht, die Auswirkungen des demografischen Wandels in 20 Jahren für die Babyboomerjahrgänge abzufedern“, sagt Ulrike Elsner, Vorstandsvorsitzende des Verbandes der Ersatzkassen (VDEK). Das Geld zu nutzen, um kurzfristig Löcher zu stopfen, sei eine Zweckentfremdung.
Obendrein wird dieser einmalige Griff zum Sparschwein nicht reichen, wie der VDEK befürchtet. Das derzeitige Defizit sieht der Verband bei 2,5 Milliarden Euro. Der Spragroschen von 1,6 Milliarden Euro sei folglich schon dieses Jahr zu wenig. „Erschwerend kommt hinzu, dass bis zum Sommer 2023 das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zur Berücksichtigung der Zahl der Kinder bei der Beitragsbemessung in der Pflegeversicherung umgesetzt werden muss.“ Außerdem belaste die Pandemie weiter die Kasse und nehme die Zahl der Pflegebedürftigen zu. Der VDEK schlägt vor, dass der Bund die Pflegekasse mit mehr Geld aus Steuern stützt und sich die Private Pflegeversicherung stärker an den Investitionskosten für die Heime beteiligen soll.