Auf Organspende-Register.de kann jeder, der das wünscht, sich digital als Freiwilliger zur Organspende melden. Dafür braucht es einen freigeschalteten digitalen Ausweis. Das Verfahren ist so wie immer, wenn in der deutschen Verwaltung die Modernisierer mit den Traditionalisten streiten: Die einen wollen ein kompliziertes digitales Verfahren, die anderen ein kompliziertes analoges Verfahren. Als Kompromiss gibt es einen Mix aus beidem. Dann sind alle zufrieden – außer dem gepeinigten Bürger. Aber der spielt in deutschen Verwaltungen weder für Modernisierer noch für Traditionalisten eine Rolle.
Das komplizierte Verfahren hat dann für eine erste Kritik am Organspenderegister gesorgt. In keinem Pass-Amt stünden Terminals, an denen sich die Interessierten gleich anmelden könnten, kritisiert Eugen Brysch auf dem Fachportal Apotheke-Adhoc.de. Er ist Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Somit könnten die Menschen nicht vor Ort ihre Bereitschaft erklären und dabei Hilfe erhalten. Internet-Unerfahrene seien damit „von dem zusätzlichen digitalen Angebot ausgeschlossen“.
Für Karl Lauterbach ist es eine Frage der Zeit, bis die Widerspruchslösung kommt. Nur so ließe sich langfristig die Zahl der Spenden erhöhen, sagte er zum Start des Registers. Der Gesundheitsminister glaubt also schon zu Beginn des Projekts nicht an dessen Erfolg. Er hat das Register noch von seinem Vorgänger Jens Spahn (CDU) geerbt, dem der Bundestag den Auftrag dazu schon 2020 erteilte. Andere Länder nutzen das Internet, um Verfahren zu vereinfachen – Deutschland, um ein Verfahren zu gestalten, das die Einführung einer Internetseite zu einem vier Jahre dauernden Projekt aufbläht.
Der Arzt und Bundestagsabgeordnete Stephan Pilsinger (CSU) kritisiert Lauterbach für diese Forderung: „Lauterbach erklärt die Entscheidungslösung schon für gescheitert, bevor das Organspenderegister überhaupt seine Arbeit aufnehmen konnte. Diese Strategie ist mehr als durchschaubar.“ Statt das digitale Register scheitern zu lassen, gehe es darum, die Bürger dazu zu bringen, sich aktiv in das Register einzutragen. Das jetzige Verfahren sei „viel zu kompliziert“ und werde nur zu einem „Datentorso“ führen.
Pilsinger schlägt vor, „dass sich die Leute auch beim Arzt, Zahnarzt oder in Apotheken eintragen lassen können“. Vor der Widerspruchslösung warnt der Arzt: „Es gibt einfach zu viele Menschen, die sich nicht für oder gegen die Organspende entscheiden können, weil sie die Dimension dieser Entscheidung schon aus rein kognitiven Gründen nicht erfassen können, zum Beispiel behinderte Menschen oder Personen mit psychischen Problemen. Das weiß ich aus meiner täglichen Arbeit als weiterhin praktizierender Hausarzt wohl besser als der Gesundheitstheoretiker Lauterbach in seinem Berliner Elfenbeinturm. Diese Menschen können wir nicht einfach per Gesetz zu Organspendern deklarieren.“