Es ging schnell: Erst vor wenigen Wochen hatten Innenpolitiker aus der Unionsbundestagsfraktion um den Hamburger Abgeordneten Christoph de Vries gefordert, beim Bundesinnenministerium ein Expertengremium anzusiedeln, das sein Fachwissen in den Kampf gegen den Politischen Islamismus einbringen soll. Und jetzt ist es da. Anfang der Woche traf das Gremium, das sich aus zwölf Experten zusammensetzt, zum ersten Mal zusammen.
Österreich ist das Vorbild
Das Vorbild ist Österreich: Sebastian Kurz hatte schon vor längerer Zeit so einen Expertenrat in Wien installiert, was damals auch in Deutschland vielfach positiv kommentiert worden ist. In dem Rat sitzen islamische Theologen, Islamwissenschaftler, Juristen, Politik- und Sozialwissenschaftler, aber – das ist wichtig, damit die Kommunikation mit den zuständigen Behörden wirklich läuft – auch jeweils ein Vertreter des Bundeskriminalamtes und des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge.
Auch einige Promis sind dabei, wie Susanne Schröter und Mouhanad Khorchide, die durch ihre Beiträge in den letzten Monaten die Debatte um den Politischen Islamismus ordentlich vorangetrieben haben. Klar ist: Was dieses Gremium leisten kann und wird, werden wir in dieser Legislaturperiode nicht mehr erfahren. Es ist jetzt vor allem ein symbolisches Signal: „Wir haben verstanden“ – das soll die Bevölkerung heraushören. Dass die Bedrohung durch den Islamismus die Menschen umtreibt, ist wahrlich nicht neu, aber immerhin: besser spät als nie. Vor allem die Union scheint erkannt zu haben, dass sie das Thema im Wahlkampf besetzen muss, wenn sie bei ihren Wählern punkten will.
Zu lange gab es eine Vogelstrauß-Politik
Zu lange gab es eine Vogelstrauß-Politik, am besten vielleicht ablesbar in dem mittlerweile schon fast sprichwörtlichen Satz des ehemaligen Bundesinnenministers Thomas de Maizière, gesprochen als es 2015 Terroralarm bei einem Fußball-Länderspiel gab: „Ein Teil dieser Antworten würde die Bevölkerung verunsichern.“ Wahrheit ist: Die Bevölkerung war schon längst verunsichert, ja sie geriet immer mehr in eine Verunsicherungsspirale. Die Politik wird sich anstrengen müssen, verlorenes Vertrauen wieder zurückzugewinnen.
Der Ansatz des Expertengremiums kann tatsächlich dabei helfen, besser zu verstehen, was der Politische Islamismus eigentlich ist, wer ihn vordenkt und in welchen Strukturen er sich in Deutschland entwickelt. Das größte Interesse daran, dass diese neue Strategie aufgeht, haben die in Deutschland lebenden Muslime. Sie bestehen zurecht darauf, dass zwischen dem Islam und Islamismus unterschieden wird. Ihnen kann also nur daran gelegen sein, wenn dies nun genauer herausgearbeitet wird.
Dieser Beitrag von Sebastian Sasse erschien zuerst in Die Tagespost. Katholische Wochenzeitung für Politik, Gesellschaft und Kultur. Wir danken Autor und Verlag für die freundliche Genehmigung zur Übernahme.